Hairspray – Willkommen in den schwungvollen 60ern des letzten Jahrhunderts

© Barbara Pálffy

1988 entstand der Film „Hairspray“, 2002 wurde das gute Laune Stück am Broadway als Musical uraufgeführt, 2008 war die erste Aufführung in deutscher Sprache und seit dem 15.09.2017 ist es auch am Landestheater Linz in einer Inszenierung von Matthias Davids zu sehen.

Die Story dreht sich im Jahre 1962 um die Schülerin Tracy Turnblad, die es schafft, ihren Traum zu verwirklichen: Als rundlicher Teenager träumt sie davon, in der „Corny Collins Show“ (eine Tanzsendung im lokalen Fernsehen) zu tanzen, was eigentlich nur den schlanken, hübschen Mädchen der Stadt vergönnt ist. Ihre Mutter Edna hat Angst um ihre Tochter; Angst davor, dass sie zum Gespött der Leute wird und sie die ganze Angelegenheit, die ihr so am Herzen liegt, doch nur unglücklich macht. Was mit Sicherheit auch daher rührt, dass sie selber stark übergewichtig ist und im Leben nicht nur gute Erfahrungen deswegen gesammelt hat. Ihr Dad Wilbur ist dort zuversichtlicher und redet Tracy Mut zu, so dass sie alles schaffen kann, wovon sie träumt. Sie hat einen starken Willen und gibt nicht auf – das Resultat ist, dass sie in der Show auftreten darf: Das gab es bisher noch nie, dass ein „durchschnittliches“ Mädchen mitmachen darf. Sie sieht so aus, wie die Mädchen, die zu Hause vor dem Fernseher die Sendung jedes Mal verfolgen. Gerade dieses sorgt für Aufsehen und so kommt es, dass Tracy über Nacht zum Star wird, das Telefon zu Hause nicht mehr still steht und sie sogar ein Werbeangebot bekommt. Ebenfalls in der Show ist Link Larkin, der dort singt und hofft, entdeckt zu werden und der, zum Leid von Tracy, eine Beziehung mit der arroganten Amber hat. Ein weiteres Thema, im zweiten Akt, ist die Rassendiskriminierung: In der „Corny Collins Show“ wird nach schwarzer und weißer Hautfarbe getrennt, was für Tracy ein no-go ist. Lediglich einmal im Monat, am Negertag, dürfen die schwarzen Jugendlichen ihr Können zeigen. Amber und ihre Mutter allerdings sind dafür, dass dies so beibehalten wird. Tracy setzt sich aber dennoch weiter für ihre Werte ein und es gibt ein Happy End, beziehungsweise gleich mehrere, sowohl in der Liebe, als auch in der Tanzshow, die den Umschwung in die neue Zeit schafft.

Ariana Schirasi-Fard in der Rolle der Tracy ist perfekt. Schon beim Eröffnungssong „Good Morning Baltimore“ ist man in ihrem Bann: Fröhlich, gut gelaunt, wie das ganze Stück über, begrüßt sie den Tag und die Bewohner ihres Wohnortes und macht dabei keinen Unterschied bei den sozialen Schichten. Toleranz wird bei ihr ganz großgeschrieben, was manchmal aber schon fast an Naivität angrenzt. Alle sind ihr Freunde, alle mag sie, alle versucht sie, mit ihrem Optimismus anzustecken. Einfach ein fröhlicher Teenager, großer Fan der „Corny Collins Show“ und ein Mädchen, das auf sympathische Weise großen Wert auf ihre perfekt sitzenden Haare legt.

© Barbara Pálffy

Riccardo Greco als Mutter Edna ist großartig – im Fat-Suit auf Stöckelschuhen entlockt er dem begeisterten Publikum viele Lacher. Es ist Tradition, dass die Rolle der Edna mit einem männlichen Schauspieler besetzt wird. Mit Witz und Charme lebt er seine Rolle und man merkt ihm an, wie wohl er sich am Theater Linz fühlt, das ihm schon viele Möglichkeiten gab, sich in den verschiedenesten Rollen auszuleben. Mit tiefer, leicht rauchiger Stimme ist er das Gegenteil zu Rob Pelzer als Wilbur, der Mann von Edna. Er gibt der Rolle Liebe, man merkt ihm an, wie sehr er sein Edna nach all den Jahren noch im Herzen hat, es nie langweilig mit ihr findet und man sieht seinen Blicken noch das erste Verliebtsein an. Ein Höhepunkt ist „Du bist zeitlos für mich“, was mit viel Applaus für die beiden vom Publikum honoriert wird.

Gernot Romic darf die Rolle des hübschen, selbstverliebten Link spielen. Außer in sich selber ist er aber auch in Tracy verknallt. Er hat im Gegensatz zu vielen anderen kein Problem damit, wie Tracy aussieht. Cool spielt er den Rock ’n‘ Roller, richtig verknallt den jungen Mann, der Tracy’s Herz erobert hat. Auch wenn es ihm zuerst schwer fällt, sich für die Schwarzen öffentlich einzusetzen, so entscheidet er sich dennoch dafür.

Peter Lewys Preston zeigt sich elegant, energiegeladen und wie der perfekte Showmaster Corny Collins. Ruth Fuchs als Penny steht immer an der Seite von Tracy und verliebt sich in Seaweed (Dinipiri Etebu), der zeigt, wie gelenkig er tanzen kann. Amanda Whitford als seine Mutter Motormouth Maybelle hingegen zeigt, dass man auch in der damaligen Zeit Selbstbewusstsein haben kann, sogar auch sie, obwohl sie schwarz und zugleich auch noch dick ist.

Amber van Tussle, eine von sich selbst überzeugte Blondine, die dazu neigt, Tracy gerne öffentlich schlecht zu machen und die unbedingt mit allen Mitteln Miss Teenage Hairspray werden möchte, wird überzeugend von Hanna Kästner gespielt. Ihre Mutter Velma und zugleich Produzentin der Show, die für jegliche Erneuerungen kein offenes Ohr hat, ist gut mit Anaisn Lueken besetzt worden.

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Das Bühnenbild von Hans Kudlich ist wie immer in Linz hervorragend: Die Bühne wird von einem großen Fernseher umrahmt, in dem es bunt hergeht. Knallige, frohe Farben bestimmen das Bild, zu denen auch die Kostüme von Leo Kulaš gehören: Ebenfalls bunt mit vielen Mustern, die Frauen in Kleidern, die Männer in schicken, farbenfrohen Anzügen. Manchmal mit den typischen 60er Jahre-Tapeten-Muster im Hintergrund  – modern aber doch traditionell. Viele Songs sind auf deutsch, aber einige sind auf englisch, ein Mix der eher unüblich ist, aber nicht negativ auffällt, sondern zu dem Rock ’n‘ Roll passt. Das Orchester spielt unter der Leitung von Tom Bitterlich und kommt sogar manchmal, immer während der „Corny Collins Show“ aus dem Orchestergraben hochgefahren, so dass es zum Teil der Show wird.

© Barbara Pálffy

Bunt, schnell, energiegeladen mit hervorragenden mitreißenden Tanzszenen von großartigen Darstellern – das ist, wie man das 2 Stunden 45 Minuten lange Stück (inkl. Pause) beschreiben kann. Dem Zuschauer kommt aber auch dennoch wieder das kritische Thema in den Sinn, wenn er auf dem Heimweg noch einmal den Abend Revue passieren lässt.

Infos zu dem Stück, das noch bis zum 26. Mai 2018 laufen wird, und Karten gibt es HIER.

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