„Sister Act“ – Die Nonnen haben ihr Kloster in Berlin bezogen!

Foto: Stage Entertainment

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Noch keine zwei Wochen ist es her, dass Whoopi Goldbergs Musical „Sister Act“ (übrigens Stage Entertainments erfolgreichste Eigenproduktion), bei dem Goldberg Koprodu- zentin ist, im Theater des Westens in Berlin Premiere feierte. Wer eine eins-zu-eins Übernahme vom Film zum Musical erwartet, wie es beispielsweise bei „Dirty Dancing“ der Fall war, wird überrascht sein, denn das Musical ist anders als der Film. Uraufführung des Musicals war 2006 in Kalifornien, 2009 folgte die Europapremiere und im Jahre 2010 kam das Stück nach Deutschland – nun ist es bis zum 26. Februar 2017 in Berlin zu Gast, bevor es nach München zieht, wo es ab Mai 2017 zu sehen sein wird.

Wer Lust auf einen kurzweiligen, unterhaltsamen und lustigen Abend hat, ist hier sehr gut aufgehoben. Deloris van Cartier ist eine Sängerin, die noch immer auf ihren Erfolg wartet und eine Affäre mit dem verheirateten Besitzer (Curtis Jackson) des Nachtclubs hat, in dem sie singt. Statt vom Nachtclub, träumt sie allerdings davon, auf den großen Bühnen der Welt zu stehen. Sie ist zufällig einzige Zeugin, als Curtis jemanden erschießt und muss sich von nun an vor ihm und seinen drei Kumpanen, dem stämmigen Joey, dem Latin-Lover Pablo und Curtis‘ Neffen TJ verstecken, da diese Deloris ausschalten wollen. Bei der Polizei trifft sie auf ihren ehemaligen Schulkollegen, Eddie Fritzinger, der schon immer in sie verknallt war. Er arbeitet nun als Polizist und bringt Deloris in Zusammenarbeit mit dem besonnenen Monsignore O’Hara in einem Kloster unter. Nun heißt es: Runter mit der Schminke und den bunten Klamotten, ab in die Nonnenkutte. Mutter Oberin ist wenig begeistert von der Vorstellung, Deloris für eine längere Zeit Unterschlupf zu gewähren und sieht dies als Probe Gottes an. Deloris bringt Leben und Stimmung in das Klosterleben.

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Schnell sind die Nonnen von ihr und ihrer Art begeistert und ebenfalls die junge Novizin Mary Robert. Deloris, im Kloster fortan unter dem Namen Mary Clarence bekannt, bekommt von Mutter Oberin die Aufgabe, da sie ja professionelle Sängerin ist, den Chor stimmlich zu unterstützen. Nach den ersten Zeilen aber merkt Deloris, dass es mit bloßer gesanglicher Unterstützung nicht getan ist: Sie greift zum Taktstock und lehrt die Nonnen, wie man richtig singt. Schnell wird aus den zuvor größtenteils zaghaft- und schiefsingenden Nonnen ein impulsiver Chor, der jeden mitreißt, so dass sogar der Papst sich für einen Besuch ankündigt. Die Kirche, die dringend Geld benötigt, füllt sich; es fließen Spenden, Zeitungen berichten und das Fernsehen entdeckt ebenfalls dieses Spektakel und berichtet live. Dies sehen zufällig die Gangster, die noch immer nach Deloris suchen und machen sich auf ins Kloster. Nach einigem Hin und Her haben sie Deloris gefunden und wollen sie erschießen. Jede einzelne Nonne aber stellt sich schützend vor Deloris und würde ihr Leben für sie geben, allen voran Mutter Oberin und Mary Robert. Dann fällt ein Schuss – es ist aber nicht Deloris, auf die geschossen wurde, sondern Fritzinger hat seine Scheu vor Pistolen überwunden und Curtis angeschossen. In diesem Fall: Ende gut, alles gut! Das Konzert vor dem Papst findet statt und auch Deloris ist wieder mit dabei, die inzwischen gemerkt hat, dass nicht das große Rampenlicht das Wichtigste ist, sondern dass das wirklich entscheidende die Freundschaft ist. Und dass der schüchterne Polizist vielleicht doch gar nicht so falsch für sie wäre…

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Musikalisch wechseln sich mitreißende und schnelle Lieder wie „Zeig mir den Himmel“, „Singt hinauf zum Himmel“, „Sonntagmorgenfieber“ und „Fabelhaft Baby“ mit nachdenklichen und sanften wie „Tief in mir“ und „Hier an diesem Ort“ ab, wobei aber die schnellen und lustigen Nummern wie „Hey Schwester“ dominieren – allesamt von dem oscarprämierten Komponisten Alan Menken geschrieben. Aisata Blackman (die Niederländerin -bei der allerdings so gut wie kein Akzent zu hören ist- mit karibischen Wurzeln, wurde 2012 durch die TV-Show „Voice of Germany“ bekannt, später spielte sie bei „Rocky“ in Stuttgart ein Apollo Girl) übernahm erstmals die Rolle der Deloris – sie zeigt ihre Vielfältigkeit sowohl stimmlich, als auch schauspielerisch. Vom Möchtegern-Star, über die euphorische „Gesangslehrerin“ bis hin zur in sich schauenden und selbstreflektierenden Nonnen-Schwester begeistert sie das Publikum. Mal energisch, mal mit ruhigeren Tönen überzeugt Aisata Blackman voll und ganz mit ihrer Soulstimme in dieser anspruchsvollen Rolle, in der sie zwölf Songs singt und so gut wie immer auf der Bühne präsent ist. Insgesamt gibt es in dem Stück übrigens 28 Szenenwechsel.

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In den Kulissen und dem Bühnenbild (Klara Zieglerovas) des Klosters, welche dem Theater des Westens angepasst wurden und etwas kleiner als in den vorigen Städten sind (die TdW-Bühne hat insgesamt eine Grundfläche von 467 qm), was das Ganze aber heimeliger und intimer macht, agiert Bärbel Röhl als Mutter Oberin – streng  und skeptisch versucht sie, das Treiben von Deloris im Zaum zu halten, was ihr mehr oder weniger gelingt. Ihr wird gelehrt, dass auch in einer Nachtclubsängerin, die von draußen ins Kloster kommt, etwas Gutes steckt. Die gut platzierten, trocknen Sprüche machen die Rolle liebenswert, die Röhl schön umsetzt.

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Mischa Mang, der das erste Mal 2010/2011 in Wien die Rolle von Deloris‘ Antagonist Curtis Jackson spielte, überzeugt ebenfalls in seiner Rolle, man nimmt ihm den bösen Gangster sofort ab. Mit seinem Gefolge Joey (John Davies), Pablo (Alessandro Pierotti, der leider etwas untergeht) und TJ (Arcangelo Vigneri) hat er zwei ruhigere aber nicht weniger lustige Lieder: So hat das Publikum sichtlich Spaß, wenn das Terzett „Hey, Schwester“ angestimmt wird, in dem sie überlegen, wie sie eine Nonne rumkriegen könnten.

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Ein Höhepunkt ist sicherlich das Lied „Tief in mir“ (weckt Erinnerungen an „Saturday Night Fever“), gefühlvoll vorgetragen von Gino Emnes, in dem er singt, wie und wer er wirklich „tief in sich“ ist. Nicht der erste und zugleich der Letzte auf der Arbeit, sondern ein erfolgreicher und schöner Mann, der cool ist. Er muss nur einfach daran glauben, dass dieser Mann in ihm steckt und ihn wecken. Und auch Deloris davon überzeugen, wie er wirklich ist, denn auch Deloris denkt, dass das Beste, was er tut, nicht gut genug ist.

Besonders auffallend -im positiven Sinne- an diesem Abend: Denise Jastraunig, in der Rolle der Mary Robert – u. a. bekannt aus „Tarzan“, „Rebecca“ und „Shrek“, in denen sie die weiblichen Hauptrollen als Cover spielte. Sie zeigt glaubwürdig die Wandlung von der schüchternen Novizin zu der jungen Frau, die herausfinden möchte, was wirklich noch im Leben auf sie wartet. Stimmgewaltig haut sie Deloris und das Publikum mit ihrem lateinischen Solo in „Singt hinauf zum Himmel“ von den Stühlen.

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Einen sehr lustigen Part des Stückes hat Steffi Irmen übernommen: Schwester Mary Patrick – so gut wie immer quietschvergnügt mit einem ansteckenden Lachen verleiht Irmen der Rolle Leben. Ruhig und besonnen hingegen ist Franz-Jürgen Zigelski als Monsignore O’Hara, den er souverän spielt.

Der Musicalabend geht nach 2 Stunden und 45 Minuten zu Ende und ein gutgelauntes Publikum verlässt das Theater. Die Nonnen haben die Gäste durch ihren fröhlichen Gesang, einer Rap-Einlage von Mary Lazarus (Regina Venus) und den schwungvollen Tanz (Choreographie: Anthony van Laast), bei dem besonders auf intensiver Armarbeit der Fokus liegt, mitgerissen und in eine beschwingte Stimmung versetzt.

Karten und Infos gibt es HIER. Telefonische Kartenbestllungen unter: 01805-4444

 

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