„Matterhorn“ am Theater in St. Gallen – Ein Stück, welches man nicht nur als Schweizer lieben wird

Foto: Andreas J. Etter

Mit dem Musical „Matterhorn“ ist dem Theater St. Gallen ein großer Wurf gelungen. Die Uraufführung war bereits am 17. Februar 2018, es werden nun noch zwei Termine gespielt: Am 05. Januar und 16. Februar 2019. Wer die Chance hat, sich das Stück anzuschauen, sollte die Gelegenheit nutzen, denn Michael Kunze (Buch und Liedtexte) ist in Zusammenarbeit mit Albert Hammond, der die Musik zum Stück beisteuerte, ein modernes Musical gelungen, welches kurzweilig ist, mit großartigen Künstlern und Melodien, die ins Ohr gehen. Musikalisch sehr abwechslungsreich mit Rap, Pop, Arien (für Klassikliebhaber: überzeugend Luigi Schifano als Luc Meynet) und einem volkstümlichen Lied über Zermatt, welches im Ohr bleibt.

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Der Titel verrät bereits, worum es geht: Um das Matterhorn in der Schweiz – genauer gesagt, um die Erstbesteigung, um den Kampf zwischen Engländern und Italienern, wer zuerst den Gipfel erreicht. Nebenher wurde noch eine kleine Liebesgeschichte um Whymper eingebaut. Edward Whymper war mit seiner Seilschaft der Erste, dem es gelang, den 4478 Meter hohen Berg im Jahre 1865 zu bezwingen. Oido Kuipers spielt diese Rolle und ist eine sehr gute Wahl, gesanglich und schauspielerisch vollkommen überzeugend. Die Liebe von Whymper konzentriert sich vollkommen auf den Berg, er ist besessen davon, einmal oben zu stehen. („Besser sein, als ich bin“ – ein richtig guter Song, dessen Melodie sich auch in anderen Liedern wiederholt und einen hohen Wiedererkennungswert hat.) Als Zeichner, der als Illustrator in die Alpen gesandt wurde, der nicht aus dem Adel kommt und der kein „Gentleman“ ist, denen es eigentlich vorbehalten ist, sich als Bergsteiger zum erfolgreichen Aufstieg eines Berges aufzumachen, träumt er dennoch davon, dass er es einmal schaffen wird, oben zu stehen.

Foto: Andreas J. Etter

Nicht die Liebe zu einem Berg, sondern zu einem Menschen, bewegt Olivia Buckinghams (Veronica Appeddu) Leben, Tochter des Seilfabrikanten John Buckingham (Dean Welterlen), der die Seile für die Expedition anfertigt. So soll sie jemanden heiraten, den sie gar nicht liebt (gefühlvoll gesungen: „Ich fühl keine Liebe“) und der dazu auch noch homosexuell ist, worauf, im weiteren Verlauf des Stücks, leider gar nicht mehr eingegangen wird. Sie verliebt sich in Whymper und ihre stärkste Konkurrenz ist keine andere Frau, sondern der Berg. Wer Appeddu das letzte Mal vor ein paar Jahren sah, wird überrascht sein, wie viel besser mittlerweile ihre deutsche Aussprache ist und man hat absolut keine Probleme, sie zu verstehen. Dem Berg wurde ebenfalls eine Stimme verpasst, in dem man Sabrina Weckerlin als die Berggöttin Orka engagiert hat. Sie weist in ihrer Rolle darauf hin, dass man die Natur in Frieden lassen soll und dass Menschen nicht alles versuchen müssen, in die Natur einzudringen und sich diese zu eigen zu machen. Hier lässt sich sicherlich auch die Handschrift des Inders Shekhar Kapur erahnen, der das Stück inszeniert hat. Eine tolle Idee, Weckerlin hat ebenfalls eingängige und nachdenkliche Songs, wie zum Beispiel „Unberührt“ oder „Unheilbar verliebt“, fasziniert in ihren Kostümen (Franz Blumauer) und ist sicherlich eines der Highlights des Abends, wenn sie vor einer Leinwand steht, auf dem die Welt sich im Hintergrund dreht.

Foto: Andreas J. Etter

Generell muss man Peter J. Davison (Bühne) und Michael Grundner (Licht) ein großes Lob für das Bühnenbild aussprechen: Auf der schrägen Bühne, was das Spielen für die Künstler nicht einfacher macht, ragt im Hintergrund das Matterhorn empor, Projektionen lassen einen See erscheinen. Eine besonders gute Idee ist das Spielen hinter den mit Projektionen bespielten Vorhängen. Dies lässt eine gewisse 3D-Illusion erscheinen. Passende Projektionen (fettFilm) kommen hinzu und passen in das Bühnenbild. Höhepunkt in Sachen Bühne ist sicherlich der Aufstieg und der Absturz der Bergsteiger, was sehr schön gemacht worden ist, in dem die volle Größe der Bühne genutzt wird und sogar in den Orchestergraben verlängert wird.

Die Story endet dramatisch: Wie bekannt ist, sterben bei dem Abstieg vier von sieben Männern, allen voran Michel Corz (mit guter Bühnenpräsenz: Michael Souschek). Whymper überlebte nur, da das Seil riss und er somit nicht mit in den Abgrund gezogen wurde. Dies gab Anlass für Spekulationen, ob Whymper das Seil absichtlich zerschnitten hat. Durch den Einsatz von Luc, der das Seil holt, und somit beweist, dass Whymper unschuldig ist, kann jedoch erwiesen werden, dass es einfach nur ein Unfall war.

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Es gibt noch ein paar kleinere Handlungsstränge, die nebenher laufen und angerissen werden, in denen das Ensemble zeigt, dass es durchgängig gut besetzt worden ist. (Z. B. Benjamin Oeser, Ramin Dustar, Patricia Hodell, Reinwald Kranner, Juliane Bischoff). Allen gilt ein großes Lob dafür, dass sie den Zuschauern einen wundervollen Theaterabend bescheren!

Weitere Infos und Karten gibt es HIER.

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