„You can’t stop the beat“ am Theater Dortmund – „Hairspray“

©Bjoern Hickmann

Hairspray ist zur Zeit ein sehr beliebtes Stück an den Theatern im deutschsprachigen Raum, eventuell auch wegen der doch aktuellen Thematik, geht es doch hier um Diskriminierung von denen, die auf eine Art und Weise anders sind und nicht dem „Durchschnitt“ entsprechen. Unter der Regie von Melissa King und der musikalischen Leitung von Philipp Armbruster gelang in Dortmund der Sprung zurück in die 1960er Jahre. Der erste Handlungsstrang beschäftigt sich mit Tracy Turnblad (Marja Hennicke), einer rundlichen und zum Leben durchweg positiv eingestellten Teenagerin, die unbedingt in der Corny Collins-Show mit den standard-perfekten Mädchen und Jungen mittanzen möchte. Ihre Mutter (fabelhaft gespielt von Ks. Hannes Brock) befürchtet, dass ihre Tochter enttäuscht werden wird, da sie selber die Erfahrung machte, dass man als Mensch, der optisch anders ist, in ihren beiden Fällen einfach dicker als der Durchschnitt, es nicht immer einfach hat und einem Steine in den Weg gelegt werden. Ihr Vater Wilbur hingegen, Fritz Steinbacher übernahm diese Rolle, glaubt an seine Tochter und treibt sie an, ihre Träume zu realisieren. In der Corny Collins-Show (der Showmaster: Morgan Moody) tritt auch regelmäßig Link Larkin (Jörn-Felix Alt) auf, der auf seinen Durchbruch als Rock’n’Roll-Schmusesänger hofft und dem seine Haare und Frisur aber sicherlich genauso wichtig sind.

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Link ist auch das Objekt der Begierde von Amber von Tussle (Marie-Anjes Lumpp), einer verzogenen und dümmlichen „Tussi“, deren Mutter Velma die Produzentin der Show und die für strikte Trennung der Rassen in der Show ist. So gibt es einmal im Monat den Negro-Day – nur an dem dürfen Schwarze in der Show tanzen. Dies findet Tracy ungerecht, sie ist für die Gleichberechtigung aller Menschen, egal welcher Hautfarbe, und setzt sich im zweiten Handlungsstrang zusammen mit ihrer Familie und ihren Freunden, allen voran dem sympathischen Tänzer Seaweed (Michael B. Sattler) den sie beim Nachsitzen kennenlernte, dafür ein, dass die Corny Collins-Show einen Schritt in die Zukunft machen wird.

Marja Hennicke hat die Rolle der Tracy schon in Baden gespielt. Sie gibt ihrer Figur das gewissen Etwas und reist das Publikum mit. Fröhlich und immer positiv denkend, schließt man sie schnell ins Herz. Mit ihr geht man auf eine Reise durch die 60er Jahre (in schönen Kostümen von Judith Peter) und durchlebt Höhen und Tiefen. An ihrer Seite ist immer Penny Pingleton (gut umgesetzt von Annakathrin Naderer), die Tracy unterstützt. Sie wächst in einem liebevollen Elternhaus aus, Wilbur, ein Scherzartikelverkäufer und Erfinder lustiger Sachen, steht ebenfalls immer hinter hier. Genauso aber steht er auch zu seiner Frau Edna. Er liebt sie einfach so, wie sie ist, auch wenn sie nicht mehr jung und knackig ist. Dies ist ihm völlig egal, er sieht das Innere von Edna, was ihn nach all den Jahren noch immer fasziniert und anzieht.

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Kammersänger Hannes Brock, seit 25 Jahren am Theater Dortmund, ist ein Highlight in dieser Inszenierung. Er gibt Edna Ruhe und Zuverlässigkeit. Mit dieser Besetzung hat das Theater Dortmund ins Schwarze getroffen. Perfekt spielt er die Edna und es macht Spaß, ihm zuzuschauen, wenn er auf der Bühne ist. Mit seiner freundlichen Ausstrahlung kann er nicht nur Wilbur verzaubern, sondern auch das Publikum. Eine eher weniger freundliche Ausstrahlung hat Velma von Tussle: Sie schwelgt gerne in der guten alten Zeit, in der Sie noch Miss Baltimore Crabs war; Sarah Schütz spielt die ehrgeizige Mutter, die den Durchbruch für ihre Tochter Amber erhofft. In dieser Rolle als zickige, quietschige und mobbende Mitschülerin von Tracy sieht man Marie-Anjes Lumpp. Jörn-Felix Alt darf den Haarspray-fixierten Link Larkin spielen, der im Laufe der Stücks reifer wird und nicht nur auf das Äußere schaut, obwohl er selber zig Sprühdosen Haarspray benutzt, damit seine Frisur auch ja gut sitzt. Mit klarer Stimme setzt er bei seinem Gesang Akzente. Dies vermisst man leider bei Morgan Moody in der Rolle des Corny Collins – hier sind die Gesangspartien akustisch leider so gut wie gar nicht zu verstehen. Dafür feiert das Publikum Deborah Woodson als Motormouth Maybelle um so mehr: Langen Applaus erntet sie für „Ich weiss, wo ich war“ – wohl das Highlight für das Dortmunder Publikum.

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Knut Hetzer hat das Bühnenbild entworfen. Ein schöner Anfang ist das übergroße Gesicht von Tracy in ihrem Bett gleich zu Beginn der Show auf der großen Leinwand. Im gleichen Song „Good Morning Baltimore“ wird aber auch auf Kleinigkeiten Wert gelegt: So schauen kleine Ratten am Bühnenrand um die Ecke. Das Bühnenbild ist harmonisch und farbenfroh und verbreitet ebenfalls gute Laune. Eine schöne Idee ist es, auf der Leinwand vor Beginn ein paar animierte Sequenzen einzuspielen, die auf Baltimore hindeuten.

Ein flotter Abend mit guter Laune ist im Theater Dortmund bei diesem Stück garantiert. Schöne Tanzszenen (Choreographie Melissa King; übrigens: zu der Zeit war der Madison sehr beliebt) und Musik, die ins Ohr geht, präsentiert die gute Cast noch bis zum 02. Februar 2018.

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