Korrupter Staatsanwalt mit Faible für das Rotlicht ist Eyecatcher der Show. Demnächst rockt er zu den Klängen von Greasehits…

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOBescheiden bezeichnet er sich noch am Anfang seiner Karriere, doch der talentierte Schauspieler und Sänger hat längst einen Namen  im deutschen Musicalsegment. In der Rolle des fiesen Staatsanwalt Villefort wirkt zunächst eher unscheinbar auf der Bühne. Schnell wird  jedoch klar, er ist der  Drahtzieher eines kriminellen Trios in „ChristO – die Rockoper“. Der athletische Musicaldarsteller Philippe Ducloux versteht es ausgezeichnet seinen Villefort noch skurpelloser erscheinen zu lassen, als dieser es sowieso schon ist. Er zeigt blinden Hass, Gewalt, Drogenkonsum und Sex- die ganze Palette, die einen Bösewicht auszeichnet. Das Verrückte ist, man glaubt es Ducloux. Als Zuschauer gerät man in den Zwiespalt, ob man diesen Charakter hassen oder auf gewisse Art und Weise doch anziehend finden soll. In der Rolle des Villfort lebt auf der Bühne das aus, was Normalsterbliche nur aus Krimis kennen -zügellos-mordenden Sex, Korruption, Erpressung… Spätestens wenn er in seinem Solo „Free the fire“-  lediglich mit einem Lederstringtanga bekleidet –  „I’m the king of the world“ ins Publikum schleudert halten Männlein sowie Weiblein, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen, die Luft an. Die Spannung steigt unermesslich und verharrt einige Sekunden,  als er seine zwei Gespielinnen mit Handschellen erwürgt, bzw. erschießt.  Geschockte Stille bleibt zurück, kurz gefolgt von tosendem Applaus. Ducloux als Schocker und Hingucker der Show schafft es mit dem mehr als zweifelhaften Villfort-Charakter die Zuschauer zu begeistern. Er liefert den Showstopper einmal in ganz anderer Form. Aber: hinter dem „Staatsanwalt“ steckt in Wahrheit nicht nur ein unglaublich vielschichtiger Darsteller, sondern auch ein Regisseur, Produzent, Choreograph, Synchronsprecher und nicht zuletzt ein absolut bemerkenswerter und faszinierender Mensch mit beeindruckenden Ansichten zum Leben.

ChristO ist steht also kurz vor der letzten Show. Welche Eindrücke nimmst Du mit?

Ich nehme auf jeden Fall eine verstärkte Freundschaft zu allen meinen Kollegen mit, worüber ich sehr glücklich bin. Hier passierte überhaupt kein Drama untereinander und sind alle gut zusammen gewachsen. Ich habe neue Freundschaften gewonnen und zu meinen schon bestehenden wie Andy und Chris, oder auch Holger muss ich sagen, dass sie diese sich verstärkt haben. Das finde ich sehr schön. (Grinst breit) Und- ich habe meine neue Vorliebe für Lederstringtangas entdeckt. Außerdem nehme ich definitiv Begeisterung für das Stück und dessen Potenzial mit. Ich bin stolz, dass ich dabei sein durfte, denn es ist was ganz Besonderes. Ich habe mich lange darauf gefreut und bin absolut nicht enttäuscht worden. Ich glaube, dass ChristO noch ausbaufähig ist und ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird, dass es aufgeführt wird. Natürlich bin ich sehr traurig, dass es bald vorbei ist. Ich mag die Stadt München auch total gerne, ebenso das Haus. Für mich war es rundum ein sehr positives Erlebnis.

Philippe Ducloux Musical ChristO GreaseZieh doch einfach mal ein bisschen Resümee über die ganze Produktion?

Wenn ich was dazu sagen darf, dann würde ich sehr gerne auf die anfänglichen Schwierigkeiten eingehen.  Wenn die Leute sagen, dass das Stück zunächst wackelige Startprobleme hatte, dann ordne ich das eher so ein: Es war eine Uraufführung in einem Staatstheater, es gab keine Previews, es gab auch keinen Probelauf. Hinzukam, dass die Musik einiger Songs und die Texte sehr spät fertig waren. Das ist bei Uraufführungen normal, damit muss man umgehen können. Ich finde, wir hätten da gut noch eine Woche Previews oder Proben haben können, besonders Bühnenproben. Ich glaube, die Premiere war die erste Show, die wir komplett durchgelaufen sind. Selbst bei der Generalprobe hatten wir nicht alle Kostümteile und einige Requisiten fehlten.

Wie hast Du denn die anfänglichen Kritiken aufgefasst?

Zunächst muss man sagen, der Intendant Dr. Peters hat hier etwas gewagt, was sehr aus der Reihe gefallen ist. Davor muss man einfach den Hut ziehen und ihm herzlichen Dank sagen. Das verdient großes Lob.  Aber – leider – war von Vornherein klar, dass alle großen Zeitungen das Stück zerreißen würden, da sie der Meinung waren, dass so ein Stück, eine Rockoper, nichts am Gärtnerplatz zu suchen hat. Das ging anscheinend nicht. Da war es völlig egal wie gut oder schlecht das Stück wirklich ist. Es wäre so oder so zerrissen worden. Ich habe persönlich mit Kritikern von Zeitungen gesprochen, die vorab gesagt haben, ich solle es nicht persönlich nehmen, aber es würde schlechte Kritiken geben. Das ist natürlich jammerschade. Hinzukommt die mangelnde Information der Leute. Ich sehe es als großes Kompliment, dass das Stück nicht Jedem gefällt, aber es gefällt den Meisten. Dazwischen gibt es nichts. Man hört entweder nur „Es war kacke“ oder „Es war super“, Du hörst kein „ach, es war ziemlich gut“. Das habe ich nicht einmal gehört oder gelesen. Letztlich braucht sich also keiner von uns zu verstecken oder dafür zu entschuldigen.

Warst Du persönlich mit der Premiere zufrieden?

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOMeiner Meinung nach war es eine großartige Premiere. Von der Gesamtleistung her war sie richtig, richtig gut. Ich war sehr zufrieden, obwohl ich mit meiner Hauptnummer  – allerdings nur gesanglich – nicht so ganz zufrieden war. An dem Tag war ich heiser und das hat mich genervt. Da kannst Du aber nichts machen, Du stehst morgens auf und bist heiser. Damit musst Du einfach umgehen und Schluss. Aber ich war sehr zufrieden wie meine Szene gelaufen ist. Auch bühnenmäßig passte das Zusammenspiel mit Kollegen. Es war ein tolles Erlebnis, wir hatten super Publikum. Das war am 11. April und nun haben wir das Ende der ChristO Spielzeit erreicht. Es ist Ende Juli und jetzt erst bekommen wir etwas Routine. Ich finde, unser Stück wurde seit der Premiere immer besser, was mich wirklich sehr froh macht.

Das stimmt die Entwicklung konnte man bei ChristO sehr gut beobachten…

Ja, es kommen von Show zu Show immer Neuigkeiten und tolle neue Sachen hinzu. Es ist einfach jedesmal anders. Man kann diese Entwicklung  wie eine Reise bezeichnen. Ich bin mir sicher, dass unsere letzte Vorstellung die Beste sein wird.  Wir haben die tolle Vorrausetzungen, wir haben Spielfreude, wir sind ein tolles Team, wir haben alle Erfahrungen gemacht… Nur der Holger wird fehlen, weil wir immer sehr viel Spaß hinter der Bühne gehabt haben. Mit ihm haben wir immer viel Blödsinn gemacht.

Der Erfolg und die kontinuierliche Verbesserung lag sicherlich auch am gesamten Team, Holger Hauer und Euch Darstellern.

Holger ist als Regisseur einfach da, er vermittelt, er sucht nach Verbesserungen. Wenn etwas schief geht, dann sagt er das auch gleich. Es ist aber nicht so, dass das jetzt verbal kultiviert wird. Dadurch, dass wir so gut harmonieren, über alles offen sprechen können, kann man an den Szenen arbeiten. Der Kampf zwischen Andy und mir hat uns beispielsweise die letzten Male weniger gefallen. Wir haben darüber geredet und daran gearbeitet und so war die Szene in der letzten Show wieder richtig gut. Das ist der Unterschied zu vielen privaten Häusern. Dort leidet oftmals das Geben und Nehmen, weil Du in Deinem Tun eingeschränkt wirst. Das hat mit Livetheater kaum mehr was zu tun. Natürlich ist es gut produziertes Entertainment. Der Job von den Leuten ist, diese Gleichmäßigkeit zu erhalten. Unser Job hier dagegen ist, nach Steigerung zu suchen und danach zu trachten. Wir haben hier einfach Darsteller, die an sich arbeiten. Keiner sitzt Zuhause und macht nichts. Wir arbeiten gesanglich, schauspielerisch und wir haben alle Lust nach Vorne zu kommen.

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOIst es für Euch Künstler nicht sehr schwer, wenn man sich so strikt an Anweisungen halten muss, jedes Wort festgelegt ist, jede Bewegung? Wo lassen die Produzenten oder Macher den Künstlern da kreativen, persönlichen Spielraum?

Wenn man ein gewisses Niveau erreicht hat, dann hat man auch Verantwortung. Es ist vergleichbar mit dem Filmentertainment. Das Publikum guckt einen Film an. Wenn sie das nächste Mal die DVD einlegen und dann wollen sie genau diesen und keinen Anderen sehen.  Es ist auch die Verantwortung darauf zu achten, dass das, was sich gut verkauft hat, also die Urarbeit auch wieder gewährleistet wird.  Ich habe dafür auch Verständnis, aber innerhalb dieser Rahmen kann man immer noch nach Verbesserung trachten.

Sind Longrun Produktionen also im Moment weniger interessant für Dich?

Du redest hier gerade mit einem Schauspieler, der das WILL- diese Freiheit und das Experimentieren. Ich bin oft schon gerade deswegen gegen die Wand gelaufen. Das ist schade, aber das ist ein Grund, weshalb ich mich auch im Moment hier bei ChristO bewege.  Wir haben alle auch Longrun Produktionen gemacht. Da sind auch viele tolle und talentierte Leute dabei. Man hat generell zwei Möglichkeiten einer Karriere: man macht bei den großen Produktionen mit und kann dort wunderbar 15-20 Jahre gut arbeiten und danach in Rente gehen. Dann hast Du aber vielleicht nur für eine Firma gespielt. Oder Du gehst mehr auf Risiko, weil der Künstler in dir einfach zu laut schreit. Du kannst gar nicht anders.  Dann hast Du aber auch mehr Abwechslung, kannst manchmal 5 Rollen in einem Jahr spielen. Ich mache den Job professionell seit 15 Jahren, spielte an die 50 Partien und ich bin lange noch nicht fertig. Ich sehe mich jetzt noch immer am Anfang meiner Karriere.

15 Jahre? Und noch immer am Anfang? Unterschätzt du Dich da nicht ein wenig?

Es ist die Art wie ich es betrachte, ich starte sozusagen neu. Ich habe bemerkt, dass ich mich die letzten 18 Monate total gesteigert habe und freue mich sehr darüber. Gerade gesangstechnisch. Es ist schwierig, gerade wenn man über Jahre auf eine gewisse Art gesungen hat. Man versucht sich zu verbessern, dann steht die alte Technik und Vorgehensweise, bzw. Gesangsweise im Konflikt mit dem Neuen. Das bekämpft sich dann ein bisschen, weil es eingefahrene Gewohnheiten sind. Wenn Du dich bessern willst brauchst Du lange Zeit dafür. Wenn Du umsteigen willst, eine neue Richtung einschlagen willst, dann musst Du immer noch auf der Bühne arbeiten aber Dein Instrument, die Stimme steht Dir im Weg. Das zu managen ist ein bisschen schwierig. Daher kann ich sagen, dass ich neu starte. Ich kann jetzt nicht sagen, ich bin vollendet.

Ich hoffe, dass Deine Karriere noch recht lange andauert…

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOMan kommt irgendwann auch mal an den Punkt, gerade am Ende von Inszenierungen, wo man nicht weiß, wie es danach weitergeht. Man fragt sich: gehe ich jetzt wirklich auf den Tischen tanzen? Verdiene ich überhaupt wieder Geld? Niemand will mich, niemand ruft an. Was soll ich denn machen? Ich bewerbe mich, ich bekomme nur Absagen, … so ist das oftmals.  Ein Beispiel: die besten Kritiken für meinen Riff Raff habe ich von Fans bekommen, die sagten, ich wäre der beste Riff Raff gewesen, den sie in Deutschland jemals gesehen haben. Ich war selbst sehr zufrieden mit der Rolle und hatte sehr hart daran gearbeitet.  Später habe ich mich bei einer Tourproduktion der „Rocky Horror Show“ beworben. Ich habe zuvor mit dem Produzenten und dem Team telefoniert und sie bettelten damals, ich sollte unbedingt meine Unterlagen zuschicken. Ich sehe ja zudem auch noch aus wie Richard O’Brian aus dem Originalfilm. Ja und dann aber bekam ich die völlig schwachsinnige Antwort, einfachst formuliert,  „dass ich nicht in die engere Auswahl gekommen bin“. Ich habe es nicht verstanden und dachte mir nur „HALLO???“… Naja das gehört zum Beruf. Ich weiß, solche Dinge passieren, aber ich bezeichne das als eine bodenlose Frechheit und zudem ist das unprofessionell.  Über so etwas rege ich mich sehr auf. Aber gut, das muss man wegstecken. Das gab‘s schon immer und wird es leider immer geben.

Kommen wir zu Villefort.  Gibt es Dinge, die Du geändert hättest?

Ich würde gar nichts ändern. Ich bin absolut zufrieden mit der Rolle. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, was ich hätte anders machen können. Natürlich, vielleicht wäre es gut gewesen etwas mehr Zeit vor der Premiere gehabt zu haben um mich besser darauf vorzubereiten, egal ob szenisch, musikalisch oder bühnentechnisch. Ich wäre jetzt eigentlich entspannt und routiniert. Bisher war es eher stressig, Handschellen hier,  die Fernbedienung da, Vorhänge auf- und zumachen,  Podeste auf- und abfahren, mal gab es einen Mantel, mal nicht, … das war einfach Stress. Ich bin ein Darsteller, der muss sich ruhig in eine Szene fühlen, dann kann alles passieren. Was ist denn seitdem schon passiert? Mein Mikro fiel aus, ich habe die ganze Nummer mit einem Handmikro gesungen und dazu Handschellen angelegt, alles mit einer Hand… die Vorhänge kamen dazu und so weiter,… aber es hat nicht gestört. Ich wusste auch nicht, wie das klappen würde, aber es hat funktioniert.

Mikroausfall? Erzähl doch mal…

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOChris hat mir das Handmikro reingebracht. Ach, das war so lustig, oh man, das war sooo lustig! (erzählt und gestikuliert dabei amüsiert) Chris kam auf die Bühne und guckte mich an. Er sagte nichts, ich bemerkte, dass er ein Mikro in der Hand hat. Ich sah ihn also nur fragend an. Er setzte seinen typischen Murrayblick auf und stierte dann mit den Augen auf das Mikro in seiner Hand und mir wieder  in die Augen. Das ging so schnell, zack-zack! Ich wartete auf ein Zeichen, aber es kam gar nichts von ihm. So ging das weiter,… ich sah ihn verwirrt an und fragte mich dabei „Murrayblick, ja schön und was???“  Irgendwann zum Schluss kommt er ganz nah an mich ran, nimmt meine Hand, klatscht mir einfach das Mikro rein und schiebt mich gleich darauf wieder weg. Ich dachte mir nur so: das hätten wir aber auch besser lösen können. … Plötzlich aber hatte ich das Mikro in der Hand…  und dann kam ja auch schon mein „Und halten sie mich auf dem Laufenden!!!“ Das war so lustig. So machen Shows richtig Spaß, wenn Elemente neu sind und man lernen muss damit schnell umzugehen und eine Situation richtig zu gestalten.

Hattest Du eigentlich nie Bedenken, in der Rolle negativ aufzufallen? Gerade die „Free the fire“-Szene ist sehr brutal. Es geht außerdem um Drogen, sehr offen dargestellten Sex und am Ende ermordest  auch noch die beiden Prostituierten…

Na gut, so hatte ich mir am Anfang die Nummer auch nicht vorgestellt. So war das Konzept, das Holger und Andy hatten. Ich finde im Nachhinein dass es auch passt. Es ist nicht mein Job als Schauspieler das großartig moralisch zu hinterfragen. Meine Aufgabe ist Villfort mit seinem Charakter glaubwürdig durchzusetzen und darzustellen und warum er etwas macht. Man muss die Szene so sehen: Villefort ist in seinem Rausch. Er ist verärgert über Frau Mondego und den Inspector. Er ist an einem Punkt angelangt, wo er drogenabhängig geworden ist. Das ist ihm egal und er weiß das. Wir alle wissen, Drogen ändern die Persönlichkeit eines Menschen dauerhaft. Sie sind nicht nur gefährlich, weil man daran sterben kann. Villefort fühlt sich durch den Konsum als unantastbar, er fühlt sich tatsächlich als „der König der Welt“. Er glaubt, dass irgendwann die Zeit kommt, wo ihm der Durchbruch gelingt und alle Menschen seinem Willen unterworfen sind.  Er ist absolut fanatisch und bisher ist er ja auch mit allem durchgekommen was er gemacht hat. Er war bereit jeden Preis dafür zu bezahlen. Für mich als Villefort ist es nicht das erste Mal, dass ein Mädchen beim Liebesspiel, bzw. dem Würgespiel stirbt. Manche Menschen stehen da drauf, das kommt auch in unserer Gesellschaft vor. Bei Villefort war das sicherlich nicht das erste Mal. Er guckt sich das an und denkt okay, jetzt ist es passiert, das ist schade, aber was hat es mich schon gekostet? Vielleicht gerade mal die 100 Euro für die beiden Mädchen? Ihm geht es nur ums Geld. Außerdem glaube ich, hatte Villefort sowieso vor die Beiden umzubringen, da sie schon das gesamte Gespräch mit Mercedes mitbekommen hatten. Es war von Vornherein klar, sie werden das nicht überleben. Villefort ist ein Charakter, der nicht nachzudenkt, er handelt aus dem Affekt heraus und wenn etwas passiert, dann umso besser.

Deine Schlussszene ist ein Kampf mit Edmond Dantes. Er endet ziemlich theatralisch, aber auch da merkt man, wie unerschrocken Villefort ist.

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOStimmt. Er merkt erst zum Schluss, dass ihm alles aus der Bahn läuft, als er Edmond Dantes konfrontiert und selbst da hat er keine Angst. Bis zur letzte Sekunde hat er vor Edmond zu töten, bis er selbst stirbt. Was mir in dieser Kampfszene mit Andy übrigens sehr wichtig war ist, dass es nicht gleich ganz klar ist, wer nun gesiegt hat. Beide fallen zunächst aufs Knie, beide kippen nach vorne, niemand weiß so recht, was ist denn jetzt?  Und ich spiele, dass ich so tue, als wenn mein rechter Arm nicht mehr funktionieren würde, ich wechsle die Waffe in die andere Hand, ziehe sie noch einmal, … es macht leise „Klick“ aber es kommt dann schon nichts mehr und im nächsten Moment falle ich nach hinten weg.

Also ist die Rolle ein Charakter mit allen Facetten, den Du sehr gerne spielst?

Ja mit Sicherheit. Ich muss auch sagen, die Villefort-Energie bleibt bei mir auch noch Stunden nach der Show. Das ist aber normal, man braucht zwei-drei Stunden nach der Show, bis man runterkommt. Man ist unmittelbar danach derart aufgepuscht- und man muss dazu sagen, diese Show ist wirklich richtig sexy. Ich weiß nicht genau woran das liegt, – wobei – bei meiner Nummer weiß ich, was es ist (muss lachen!)!

Gibt es denn eine Rolle in dem Stück, die Dich sonst interessiert hätte?

Ja natürlich, ganz klar, die von Edmond Dantes. Was sonst?! Also entweder eben Villefort oder dann Dantes. Die anderen Rollen könnte man spielen, klar! Albert, warum nicht? Oder den Inspector! Er wäre sicherlich auch interessant. Aber für mich sehe ich wenn nur die Villefort oder Dantes als Rolle.

Villefort hat mit „Free the fire“ den gesanglich schwierigsten Part der Show…

Ich muss sagen, dass mich diese Show richtig an meine Grenzen bringt. Es ist unglaublich schwierig zu singen und ich habe meistens überhaupt keine Probleme mit Irgendwas. Ich meine, wenn ein Chris Murray zu mir sagt, dass er froh ist, dass er meine Rolle nicht singen muss, dann ist dies das beste Kompliment, das Du bekommen kannst. Chris Murray ist ein Supersänger und daher muss es einfach  ein bisschen ein Hinweis darauf sein, was für eine Partie ich habe. Es ist definitiv wunderbar geschrieben, musikalisch und szenisch gesehen, es ist eine Sahnepartie. Aber sie ist sauschwer. Außerdem kommt hinzu, dass ich es nicht einfach nur normal singe. Man muss mal genau hinhören. Ich singe in Free the fire, Rock, ich singe Oper- richtig schöne Barockoper und ich singe Jazz… ich finde das geil. Andy und ich wollten diese Nummer seit zwei Jahren so haben, dass, wenn Villefort kokst, dass er dann einfach beginnt klassisch zu singen. Er passt, weil er durch die Drogen in eine andere Welt versetzt wird. Das macht die Nummer umso stärker, es ist eine richtig schrille Nummer und ich singe dazu richtig sanft aber schleimig… Aber letztlich bringt der Part einen wirklich an seine Grenze. Man muss sich dabei wirklich einer riesigen Palette bedienen.  Das Lied ist irrsinnig hoch geschrieben. Jeder klassische Tenor wäre sicherlich stolz darauf, das jedes Mal sauber singen zu können.  Für eine männliche Stimme ist es wirklich am Rande. Andy sagte auch, dass das gesanglich die schwierigste Nummer im ganzen Stück ist. Ich bin bei der ersten Nummer „Welcome to the feast“schon sehr hoch. Bei „Silently“ ist es das Gleiche und dann kommt „Free the fire“. Später kommt im zweiten Akt dann „Judas“, das ist richtig krass hoch. Und dann folgt noch das finale Duett mit Andy zusammen und das ist auch nicht so ganz einfach.

Chris Murray hat so bezeichnend gesagt, “ChristO“ ist ein echtes Rockmusical…

Philippe Ducloux Musical Grease ChristORichtig, wir haben absolut deutsche Rockmusik.  ChristO ist nichts poppiges, es ist reiner Rock. Es gibt kein vergleichbares Rockmusical. Man kann sagen, es gibt Tommy, man kann von Jesus Christ Superstar sprechen, aber alles ist vom Stil her ganz anders. ChristO ist großartig und ist etwas Einzigartiges. Ich kann nur von dem Stück schwärmen und dessen Potenzial, das es hat.

Kommen wir zu Deinen Eigenproduktionen. Ich habe in Deiner Vita gelesen, dass Du mit „Ein Weihnachtsrendevouz“ bereits Riesenerfolge gefeiert hat. Ist Ähnliches geplant?

Also,  ich habe gerade eben eine „Hits of Grease“,  eine 50’er Jahre Show gemacht. Die Show „You’re the one that I want“ läuft seit 28. Juni super erfolgreich.  Wir spielen beispielsweise am 5. und 6.9.08 in Füssen im Festspielhaus. Die Show ist komplett von mir gestaltet, es ist meine Zusammenstellung, meine Regie, meine Choreografie, einfach alles ist von mir. Das wird von der Firma Theater Tainment ausgerichtet die mich sozusagen damit beauftragt hat. Im Theater Füssen wird die Show erstmals auf einer Bühne stattfinden, das bedeutet, dass einige Sachen noch verändert werden müssen, außerdem fehlt noch ein Beleuchtungskonzept. Da kommt noch richtig viel Arbeit auf mich zu. Ich habe die künstlerische Leitung übernommen. Die Show wird richtig gut, ich bin mir sicher, die Leute werden gut unterhalten. Die Songs sind toll, jeder kennt sie, man hat sich schon überall gehört. Ich freue mich wirklich darauf. Vielleicht sind wir auch in Wien mit 8 Shows damit vertreten, wenn es gut läuft. Anfragen sind bereits da.

Ist das nicht sehr schwierig in der jetzigen Zeit eigene Sachen erfolgreich zu produzieren?

Man muss in dem Geschäft sehr vorsichtig mit solchen Produktionen sein, weil in den letzten Jahren gerade solche Projekte ständig baden gegangen sind. Viele spekulieren einfach  nur auf den Vorverkauf, was ich als reinen Selbstmord bezeichne. Man hat eine riesige Verantwortung bei so einer Sache, das muss wirklich gut organisiert sein. Ein Beispiel aus der Praxis: Es kann passieren, dass du drei Tage lang für eine Produktion probst wie verrückt. Dann auf einmal kommen die Verantwortlichen und sagen, dass die Show abgesagt worden ist. So, dann bist du vielleicht nicht versichert und bekommst kein Geld als Freiberufler. Das ist dann wirklich tragisch. Man muss sich da vorher absichern mit z.B. Anzahlungen oder Ausfallgagen. Irgendwie müssen diesbezüglich die Veranstalter einfach „umerzogen“ werden. Wir Künstler verdienen nicht viel Geld und vor allem nciht regelmäßig. Wir müssen sehr wirtschaften, denn mal verdient man mehr und dann wieder weniger. Man weiß nicht, was als Nächstes kommt und ob etwas kommt. Ich sehe diesem „Downsizing“ im Entertainment wirklich derart negativ entgegen und es ärgert mich auch sehr. Aber sowas kann passieren. Eigentlich müsste es eine komplett neue schlagkräftige Gewerkschaft für Künstler geben, damit man solche Probleme nicht bekommt und irgendwo auch abgesichert ist.

Aber mit dem „Weihnachtsrendevous“ hat es super geklappt…

Ich bin ein großer Fan davon. Es ist eine süße und romantische Weihnachtskomödie. Es besteht aus 45 Weihnachtstiteln aus Amerika, England und Deutschland. Man kennt die Lieder, es ist eine sehr schöne Musik. Das gesamte Stück ist wirklich wunderschön, aber auch sehr lustig. Ja, das war ein super Erfolg im „Musiktheater im Revier“ in Gelsenkirchen. So kann auch eine Produktion funktionieren. Es hat wirklich von Vorne bis Hinten super funktioniert.

Wie sieht Deine Zukunft nach ChristO und Grease aus?

Philippe Ducloux Musical Grease ChristOIch werde wieder zu Auditions gehen und vorsingen. Dann werde ich meine eigenen Produktionen verkaufen und ich möchte eine Agentur gründen, eine Vermittlungsbörse, für meine Kollegen, die selbst auch Produktionen haben. Ich versuche sie weiter zu vermitteln. Dafür werde ich mir wöchentlich einige Stunden investieren um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Es gibt auch schon ein Konzept. Ich denke da groß und deshalb brauche ich auch große Sponsoren. Man braucht natürlich  ein paar Leute auf der Produzentenseite, die schon große Namen haben, denn wenn diese zur Verfügung stehen und zusagen, dann funktioniert die Geschichte auch. Die Gefahr besteht sonst darin, dass man sein Projekt schneller aus der Hand verlieren kann, bevor man schauen kann, wenn man irgendwo sein Vorhaben vorstellt. Wenn die bekannten Leute jedoch die Genehmigungen bei z.B. Ämtern einholen, dann läuft das Ganze wesentlich problemloser und bleibt trotzdem nach wie vor das eigene  Projekt. Es wird schwierig aber auch spannend.  Daher muss man für so eine Sache einen Namen haben, der Rückenwind gibt, denn wenn man mit einer super Idee vorspricht, dann sagen die Behörden in den Kulturreferaten, dass sie zwar gut ist, aber sie involvieren hierfür andere Leute und schon hast Du Dein Projekt verloren. Man muss also sehr, sehr vorsichtig vorgehen.

Gut, und außerdem singe ich für die Deutsche Oper für die Jugend und mache eine Opernproduktion für Kinder. Ich gehe an die Schulen nach den Shows und rede mit ihnen. Das ist eine Sache, die macht richtig Spaß. Es ist nebenbei ein guter Job und die Kinder haben viel Spaß dabei. Das sind so Sachen, die ich mache, wenn ich mal ein paar Wochen frei habe und man verdient damit auch ein wenig Geld.

Wie ist das so, mal Produzent mal Darsteller zu sein? Wohin geht Deine bevorzugte Tendenz?

Generell finde ich es das Wichtigste, dass sich eine Gruppe oder ein Künstler wertgeschätzt fühlt. Als Produzent bin ich, glaube ich, immer sehr bemüht darum, auf die Künstler einzugehen. Ich frage sie, ob es ihnen gut geht, ob sie etwas brauchen. Ich versuche eine gute Atmosphäre bei den Proben zu schaffen. Es stehen Getränke bereit, Obst… man muss auch darauf schauen, was Künstler essen. Das ich auch wichtig. Wenn Leute ankommen und belegte Brötchen bringen, das ist nett, aber das isst kein Tänzer. Da kommt man mit Wasser, Saft, Salaten, Obst und Nüssen gut an. Irgendwann später will ich sicher mehr in die Richtung Produktion machen, weil mir das Spaß macht, aber im Moment mache ich Beides sehr gerne.

Gibt es etwas, was Du abschließend noch gerne sagen möchtest?

Was  mir auch noch sehr wichtig ist, was ich sagen möchte ist: jeder sollte immer versuchen auf dem Boden zu bleiben. Wir machen alle mal Fehler dann und wann, das ist auch okay. Aber das Schwierige an der Sache ist, man weiß auch nie, wen man um sich hat. Deshalb ist es am Besten, wenn man sich treu bleibt und einfach so bleibt, wie man ist. Wenn man beispielsweise kellnert – und ich kann sagen, es gibt sehr viele Künstler, die nebenher kellnern, – dann können sie nicht den hochnäsigen Schauspieler heraus kehren. Das erlaubt sich kein amerikanischer Künstler. Der würde doch sofort in der Presse zerrissen werden. So kommt es dann aber auch, das die Künstler eine Leistung bringen können, die fantastisch ist. Jede kleine Stadtproduktion ist oftmals besser als irgendwelche Broadwayshows. Woran liegt das? Gehen wir einen Schritt weiter? Das Hauptaugenmerk wird zu sehr auf das Drumherum gelegt, obwohl es auf den Inhalt und die künstlerische Leistung gesetzt werden sollte. Wenn diese Möglichkeiten des Drumherum gegeben sind ist das schön, aber es ist nicht das Wichtigste. Fast jedes große Haus auf der ganzen Welt investiert das komplette Geld in Dinge wie Effekte und sinnlose Bühnendekoration etc. Die Menschen sehen sich einfache Dinge an wie z.B. Big Brother oder so und sind damit auch noch zufrieden. Dann gehen sie vielleicht mal ins Theater – und? Wenn da nichts Großes geboten ist, gehen sie in andere „künstlerisch und musikalisch einfach gehaltene Stücke bzw. Musicals “ und finden die dann womöglich auch noch supertoll. Die Leistung des Künstlers steht meistens leider im Hintergrund. Ich glaube die meisten Schauspieler/Darsteller denken ähnlich; wir produzieren aber nicht. Das muss man dann als Künstler leider akzeptieren. George Lucas hat es mit Star Wars bewiesen (klar eine Menge tolle Effekte) in der ersten Staffel nahm er völlig unbekannte Schauspieler.  Bei meinen Shows geht es auch ähnlich. Die Leistung und der Mensch ist mir wichtiger als „der Name“.  Zudem lege ich den Wert auf die Handlung, die Unterhaltung. Kostüme und Bühnenbild sind der Schmuck für den Inhalt. Bisher landete ich nur große Erfolge mit diesem Rezept. Du weißt du hast etwas gut gemacht, wenn nach der Premiere die restlichen Karten am nächsten Werktag innerhalb von 2 Stunden ausverkauft sind.  Aber wie gesagt, es ist wichtig, dass man immer auf dem Boden bleibt.

Ach ja UND man kann jetzt schon auf einer Warteliste meine Biografie bestellen. Diese wird im Jahr 2009 erscheinen 😉 .

MFJ wünscht Philippe viele tolle und begeisterte Zuschauer bei „Grease“! CU in Füssen 😉
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