Eine Fledermaus trägt Schuhgröße 45 und sonst nichts… dafür hat sie keine Flügelchen

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtEin großgewachsener Mann mit Vollbart reicht mir seine Hand zum Gruß und grinst mich dabei leicht verschmitzt aber neugierig an. Es steht die zweite Aufführung der Operette „Die Fledermaus“ in Dachau bei München an, in der er die Rolle des Dr. Falk verkörpern wird. Bereits in mehreren Opern und Operetten hat der gelernte klassische Bariton ausreichend Erfahrungen gesammelt, aber auch auf den Musical-Bühnenbrettern fühlt er sich Zuhause. Zudem bewies er im letzten Jahr, dass er seine Stimme in einer Musikrevue durchaus einzusetzen weiß. Was auffällt ist, Peter Trautwein ist ein humorvoller, offener und witzbedachter Sänger und Schauspieler, der es schafft, seinen Rollen den nötigen Hauch Humor einzuflößen, damit diese nicht zu ernst werden. Er kann dabei auch durchaus mal herzlich über sich selbst lachen. Man nimmt sie ihm sein unschuldiges Spiel  unumstritten ab und schmunzelt als Zuschauer amüsiert in sich hinein, wenn er auf der Bühne seinen Streichen freien Lauf lässt. MFJ hat den sympathischen Schauspieler in Dachau getroffen und hat sich von seinen Erzählungen sehr gerne einbinden lassen.

Kurzer Blick zurück. In Bad Vilbel hast Du letztes Jahr im Musical Jekyll & Hyde Spider und Lord Savage verkörpert und zudem war noch eine 50’er Jahre Show im Programm. Welche Erinnerungen hast Du?

„Lollipop und Strandbikini“ hieß die Komödie, die an die 50’er Jahre angelehnt ist. Die Musikrichtung war für mich völlig neu, sowas habe ich zuvor noch nie gesungen. Ich komme aus der Klassik, war auf der Opernschule und habe dann auch Musical gemacht, aber dieser 50’er Jahre Stil war neu für mich. Es war etwas Peter Alexander dabei und dann auch ein „Ossi-Song“. Witzig war auch eine urbayrische Einlage mit Sissy Staudinger in Dirndl und Lederhose.

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtWir hatten damit 7 Vorstellungen in Bad Vilbel und ein Gastspiel auswärts, aber im Nu waren die Shows ausverkauft. Die Leute haben richtig  getobt. Das Publikum war gut gemischt, von Jung bis Älter, deren Musik das damals war.

Die Zeit war recht arbeitsreich, da wir zudem auch für J&H die Songs und Choreographien einstudieren mussten.

Zu „Jekyll & Hyde“. Es ist ein tolles Musical, das eigentlich ja schon jeder kennt, weil es überall gespielt wird. Das war natürlich das Hauptstück für mich in Bad Vilbel. Ich spielte dort Lord Savage und Spider.  Ich erinnere mich an eine tolle Zeit mit sehr netten Kollegen, … nur leider wir Zwei, wir wurden uns damals gar nicht vorgestellt, nicht wahr??? (grübelt)

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtIch muss auch sagen, Bad Vilbel ist generell sehr kreativ. Dieses Jahr waren beispielsweise die 60’er Jahre am Zug. Nächstes Jahr machen sie wahrscheinlich die 70’er Jahre. Ach, das war schon toll und mit dem Wetter hatten wir auch Glück, was bei einer Freilichtbühne, in diesem Fall eine alte Wasserburg, ja immer ein Risiko ist. Nur bei einer Vorstellung hat es in den letzten 10 Minuten begonnen zu regnen.

Witzig sind übrigens auch Situationen, wenn dann Mücken, Fliegen oder Falter plötzlich anfliegen, man gerade einen Ton hält, naja  und das Tier dann u.U. im Mund landet… (muss lachen).

Da könnte sich Süddeutschland eine Scheibe abschneiden…

Ja, stimmt. Bei uns hier im Süden ist ja weniger was los. München, gut, es gibt das alte Radsportstadion im Olympiapark, das aber seit Jahren leer steht, und das eigentlich ein neues Musical Theater werden sollte. Das Staatstheater am Gärtnerplatz macht zum Glück jetzt auch neuere Inszenierungen, aber selbst im Deutschen Theater laufen nur Gast- oder Tournee Produktionen. Da gibt es kein eigenes Ensemble mehr, was sehr schade ist. Gut und weiter weg ist dann Stuttgart, wo damals in den Sauerkrautfeldern das SI Centrum gebaut wurde und mit „Miss Saigon“ die Musical Phase begann. Mehr gibt es auch schon fast nicht im Süden.

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtKommen wir zur Fledermaus. Du sitzt gerade so wunderschön im Kostüm des Dr. Falke vor mir. Dieser Dr. Falke verspricht dem Prinzen Orlofsky eine Komödie der Extraklasse in der sämtliche Techtelmechtel aufgedeckt, teils verhindert oder gefördert werden. Erzähl doch mal  ein wenig über das Stück, wer es noch nicht kennen sollte…

Okay. Also, die Fledermaus ist sozusagen die Nummer eins in Sachen Operetten und hat fantastische Musik. Sie wird immer gespielt, meist zu Silvester in sämtlichen Theatern. Es ist eine wunderbare Musik, die Johann Strauss damals komponiert hat. Während dem Studium muss man sich zwangsläufig mit dem Fach Operette auseinander setzen und da hört man immer wieder die eine oder andere Aufnahme des Stückes an.

Deine Rolle, zunächst einmal, wie bist Du dazu gekommen und inwiefern hat sie Dich angesprochen?

(stöhnt erst mal auf)…  Das ist eine lange Geschichte. …

Dann die Kurzfassung!

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtOkay, die kurze Fassung… Ich hätte im Jahr 2003 schon fast einmal diese Rolle in Magdeburg gespielt. Das wäre mit Hardy Rudolz als Eisenstein gewesen UND mit Guildo Horn als Frosch. Es wäre ein riesiges Medienspektakel gewesen, aber leider hatte die Produktionsfirma auf den letzten Schritten Probleme so kam es nicht zu dieser Inszenierung. Dadurch, dass ich die Rolle jedoch schon einstudiert hatte, war der Wunsch auch immer da, dass ich sie eines Tages spiele.

Im Frühjahr dieses Jahres las ich dann die Rollenausschreibung hier für Dachau. Ich habe mich also sofort beworben, sang vor und bekam zur Freude auch die Rolle.

Zu Dr. Falke selbst, es ist zwar jetzt die etwas kleinere Rolle, neben der großen Rolle des Eisenstein, dennoch ist Falke eine Hauptrolle. Ohne ihn würde es die Operette ja gar nicht geben. Die Vorgeschichte ist, dass Dr. Falke und Eisenstein beste Freunde, Spezl, sozusagen sind. Sie waren damals auf einem Faschingsball unterwegs, auf dem Dr. Falke im Kostüm einer Fledermaus erschien. Am nächsten Tag wurde er dann von den Leuten ausgelacht und ausgetrascht usw., weil er einfach komisch ausgesehen haben muss. Aufgrund dieses Ereignisses will sich Falke bei Eisenstein rächen. Das ist die Vorgeschichte zur „Fledermaus“. Daher kommt auch der Titel des Stückes. Erst gegen Ende des dritten Aktes kommt es eigentlich zur Auflösung des Stückes, wo der Zuschauer spätestens merkt, warum das Stück so benannt wurde.

Was ist das Besondere für Dich an Dr. Falke?

Die Rolle macht riesig Spaß zu spielen.  Die Art und Weise, wie er auf der Party des Prinzen Orlofsky die Rache an  Eisenstein vornimmt ist einfach witzig. Es stört ihn an seinem Freund, dass dieser nach wie vor ein Weiberheld ist und er immerzu die Geschichte des Faschingsballs benutzt um ihn lächerlich zu machen, um selbst bei den Frauen gut anzukommen. Und da beschließt Falke eben, den Spieß umzudrehen. Das ist gut gemacht, weil er nichts im Geringsten ahnt, zumal Orlofsky ja die entscheidende Frage stellt, wie es zu der Geschichte der Fledermaus kam. Sofort ist Eisenstein im Erzählerelement… mit Folgen für ihn… Eisenstein ist sich seiner Sache sicher. Auch auf die Frage hin, ob sich Falke nie dafür gerächt hat, antwortet er selbstsicher, dass er immer auf der Hut sei… nun ja… er weiß nicht, dass er schon mittendrin ist, aufzulaufen…

Hast Du eine Lieblingsszene?

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtJa, was ich sehr mag ist gleich zu Anfang das Duett mit Eisenstein, wenn sie singen „Komm mit mir zum Souper“. Diese Einladung haben wir in dieser Inszenierung wirklich sehr witzig gestaltet. Der Gockelkampf der beiden kommt darin durchaus zu Geltung.

Im zweiten Akt liebe ich die Szene „Brüderlein und Schwesterlein“.  Dr. Falke beginnt den Song und dieser ist dann so angelegt, dass am Ende alle mitsingen, aber versetzt zueinander. Das ist auch sehr schön gelöst, wenn sich dann verschiedene Konstellationen in Sachen Pärchen formieren… (kurze Pause) vielleicht sind ja dann auch Dreier oder Vierer dabei, wer weiß (muss loslachen!)

„Der Wildchütz“, „Die lustigen Weiber von Windsor“ oder „Cosi fan tutte“ sind nur Beispiele Deiner bereits gespielten Opern/Operetten. Erkennst Du Unterschiede für Dich zum Musical – und – welches Genre liegt Dir mehr?

Die Musikrichtung ist für mich gar nicht so ausschlaggebend. Bei mir hängt das mehr von der Rolle selbst ab. Klar habe ich durch die Ausbildung zunächst eher den klassischen Weg eingeschlagen. Ich muss aber sagen, ich hatte nie die typische Musical- bzw. Kopfstimme. Das war bei mir einfach nicht „drin“. Nach der Opernschule aber ergab es sich dann im Musical einzusteigen.

Toll war die Uraufführung von „Vom Geist der Weihnacht“. In dem Stück habe ich Marley gespielt. Das war eine fantastische Rolle, aber ich musste mich darin auch stimmlich umstellen, wenn ich das so nennen kann.  Musical kann man nicht mit einer Opernstimme singen, und umgekehrt das ist logisch. Es sind einfach zwei absolut unterschiedliche Techniken. Allein schon, dass man in der Klassik ohne Mikrofon singt ist ein großer Unterschied. Die Möglichkeiten im Musical, mit Mikrofon sind da schon ganz andere. Ich mag Beides, es macht beides Spaß.  Manche mögen da engstirniger sein, aber für mich ist es die Rolle in einem Stück die mich ansprechen muss und die Tatsache, auf der Bühne zu stehen und dafür tue ich mein Möglichstes.

Kleiner Ausblick. Demnächst steht das Musical Evita in Kriens/Luzern in der Schweiz für Dich an. Du wirst darin die Rolle des Juan Perón verkörpern, der Mann Evitas…

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtJa genau. Premiere ist am 14. November, da geht es los und wir spielen dann bis 3. Januar 2010 mit sechs Vorstellungen in der Woche. Das ergab sich auch im Frühjahr dieses Jahres, dass ich In Luzern vorsang.

Evita ist eine tolle Geschichte. Die Musik, die Andrew Lloyd Webber komponiert hat ist einfach wunderschön und geht unter die Haut. Die Geschichte selbst hat  mich auch schon immer interessiert.

Ich habe bisher noch nie eine Juan Perón angeboten bekommen, deswegen umso größer war die Freude, als ich diese Rolle angeboten bekommen habe. Ich bin jetzt im Moment noch dabei mir Hintergrundwissen über diese Figur anzueignen. Bis zum heutigen Tage werden Evita und Juan Peron als Nationalhelden in Argentinien verehrt. Wenn man jedoch etwas hinter die Fassade sieht, merkt man, dass es schon ziemlich gespaltene Persönlichkeiten waren. Das darf man eben auch nicht vergessen.

Wie gesagt, die Musik hat es mir angetan und ich höre zu Hause verschiedenen Aufnahmen, beispielsweise die mit Antonio Banderas als Ché. Auch die Aufnahme aus Bremen ist wunderschön, mit Anna Maria Kaufmann und Ethan Freeman.

Hast Du Evita diesen Sommer in Tecklenburg gesehen oder damals vor ca. 10 Jahren im Deutschen Theater?

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtNein, für Tecklenburg hatte ich einfach keine Zeit und auch das Deutsche Theater hab ich damals wohl verpasst. Das erste Mal habe ich Evita live in Schwäbisch Hall gesehen, damals sogar mit Thomas Borchert als Ché. Eine Bekannte von mir hat damals mitgespielt und wir sind alle dorthin gefahren um es anzusehen. Ich erinnere mich, wie kalt es damals war… irgendwann saßen wir alle eingepackt im „Ganzkörperkondom“… (grinst) … A g’scheiter Musicalfän, der hält des aus!!! Aber es war toll, wirklich.

Wie bereitest Du Dich auf das Stück sonst vor?

Ich höre verschiedenste Aufnahmen an. Eine ganz Interessante habe ich er letztens gehört. James Sbano hat mit mir 2007 in „Vom Geist der Weihnacht“ gespielt. Ich spielte Marley, er den Scrooge. Auf einer Aufnahme von „Evita“ ist er nun als Ché zu hören. Momentan singt Sbano ja in Wien als Wirt Chagall bei Tanz der Vampire.

Peter Trautwein Die Fledermaus Evita Vom Geist der WeihnachtIch bekomme Gänsehaut, wenn ich diese Evita-Aufnahme höre. V.a. mit Leuten, mit denen man auf der Bühne stand, mit denen man etwas verbunden hat. Gerade aber in diesem Weihnachtsstück ist es so, da Marley das mit Scrooge ein wunderschönes Duett singt „Diese Nacht soll niemals enden“. In diesem Lied bekunden sie sich gegenseitig ihre Freundschaft. Ja, und sowas prägt auch über das Stück hinaus, das man mal zusammen gespielt hat. Von daher finde ich diese Aufnahme mit Sbano sehr ansprechend. Ich höre mir also verschiedene Aufnahmen an, aber nicht nur deutsche Versionen auch auf Englisch natürlich.

Oh, da sagst Du was. Die Übersetzungen lassen ja oft sehr zu wünschen übrig, oder wie siehst Du das?

Es ist schon was anderes, das stimmt. Man hat ja den Text mit der Musik so komponiert, dass sie harmoniert. In der Oper ist es sowieso so, dass man in der Originalsprache singt. Im Musical ist es so, dass sie übersetzt werden. Manchmal sind sie gut, manchmal kommen sie aber nicht so ganz an den Inhalt bzw. Sinn heran. Gewisse Sachen sind dann nicht wo wirksam aber können interessant sein.

Weißt Du schon, wie Du Deinen Perón gestalten wirst, wo Du Deinen Schwerpunkt setzten willst, in der Figur?

Nein, noch gar nicht. Ich muss sagen, ich habe den musikalischen Leiter beim Vorsingen nur ganz kurz kennengelernt. Es haben also noch keine konkreten Gespräche stattgefunden. Anfang Oktober ist das erste Treffen. Da wird dann auch das Konzept von der Regisseurin vorgestellt und uns wird mitgeteilt wie man sich das mit den Figuren vorstellt. Dann setzt man sich damit auseinander. Vorab lernt jeder seine Texte und seine Songs, das ist klar, wie es dann aber umgesetzt wird, szenisch und so weiter, das ergibt sich dann im Laufe der Proben und Besprechungen. Da wird sich alles noch zeigen.

Abschließend: Nach Evita, – gibt es schon Pläne, die Du verraten willst und kannst?

Äääh, jaaa … ich kann mich aber noch nicht darüber äußern. Es kommen Dinge danach, das ist sicher, aber das hängt damit zusammen, dass ich bei einigen Auditions war und entweder noch in Gesprächen bin, bzw. schon Einige stattgefunden haben, aber noch nichts Konkretes zu sagen ist. Bevor ein Vertrag nicht unterzeichnet ist, sollte man keine Informationen weitergeben.

Man muss auch aufpassen, dass sich die verschiedenen Engagements nicht überschneiden, man muss dann auch erst sehen, wie man das organisiert und kombiniert.

Ja, wie gesagt, es steht jedoch Vieles aus, die Pläne sind groß, im Klassischen, aber auch im Musical. Man wird sehen. Wenn die Zeit kommt, dann werde ich es bekannt geben 😉

Aber es ist schön zu sehen, dass es immer weiter geht. Es war immer ein Traum für mich auf der Bühne zu stehen. Es ist so, dass man verschiedene Dinge ausprobieren kann, man schlüpft  in verschiedene Rollen und Charaktere, das ist spannend. Und es ist schön, wenn man dann noch Menschen berührt mit seinem Spiel und seinem Gesang, wenn sie nachdenken, lachen oder auch mal weinen. Das ist doch einfach nur toll.

Toller Abschluss. Lieber Peter, ich danke Dir für das nette und lustige Gespräch mit einem treffenden Schlusswort und wünsche Dir für die Zukunft weiterhin alles Liebe und viel Erfolg. Wir sehen uns 😉

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