Der Mann, der über Leichen, Leichen und nochmal Leichen geht!

Shockheaded Peter, der möderische Struwwelpeter, metzelt im Staatstheater am Gärtnerplatz begeistert in der Wiederaufnahme.

Shockheaded Peter Thomas Peters München
Nun schon in der zweiten Spielzeit vertreten sorgt Shockheaded Peter für einen gelungenen Auftakt in die Saison 2008/2009. Die Show befasst sich mit einer Auswahl der altbekannten Stuwwelpetergeschichten. Jedoch werden sie auf eine zynische bis sarkastische Art präsentiert, so dass schon nach der ersten Geschichte klar ist, diese Stories sind eher für Erwachsene gedacht. Die Show wird durch die Musik der Tiger Lillies dramatisch unterstrichen.

Der Blick fällt sofort auf ein Holzscheit mit einer aufgespießten Axt, das auf der Bühne inmitten von Schlagzeug, Kontrabass, E-Gitarre und Akkordeon steht. Diese Axt lässt nur annähernd erahnen, welch „blutrünstige“ Show die Zuschauer die kommende Stunde und 15 Minuten erwartet. Es bestätigt gleichzeitig den „Slogan“ der Junk Opera: „Die gar nicht kindgerechte Struwwelpeter-Show“.

Geschrieben wurde die Opera von Julian Crouch und Phelim McDermott. Die deutschen Songtexte stammen von Andreas Marber.

Performance: Thomas Peters
Akkordeon: Geofrey W. Abbott
Kontrabass: Hansjörg Gehring
Schlagzeug: Niko Lai

Das Licht dunkelt sich ab. Von beiden Seiten aus dem Zuschauerraum laufen nach und nach die einzelnen Musiker, sich selbst mit Percussionklängen begleitend, auf die Bühne. Als sie auf der Bühne Platz nehmen, geht dort eine kleine Türe auf und der Struwwelpeter tritt in Erscheinung. Völlig harmlos singt und spricht Struwwelpeter erst einmal zu seinen Zuschauern, gewohnt wie es die Geschichten schreiben, bis sich der Schauspieler und Musicaldarsteller Thomas Peters persönlich dem Publikum widmet, sich die verstrwwelte Perücke vom Kopf reisst und seine verzweifelte Situation aufklärt. Von wegen ein harmloses Kinderbuch, dieser Struwwelpeter… Der Herr Staatsintendant habe von ihm eines schönen, ruhigen und „zweisamen“ Abends, ein Programm gefordert, das neu, frisch, lebendig und fesselnd sein sollte. Einzige Bedingung des „Auftrags“: Es müssen Leichen, Leichen und noch mal Leichen geboten werden. Ausserdem legte er Peters ans Herz, ja nicht zuviel Niveau einzubringen und den Anspruch so niedrig wie möglich zu halten…

Nach reiflicher Überlegung kam demnach also nichts anderes für „Peters“ in Frage als die Kindergeschichten des Struwwelpeters hierfür mörderisch, kriminell umzusetzen. Nachdem das Budget – wie immer in der Kunst- dementsprechend mager ausfiel war die Umsetzung schnell erfolgt. In Lieder eingebunden erzählte/sang der nach und nach eine Geschichte nach der anderen. Doch schon inmitten der ersten Geschichte vom „bösen Friederich“, unterbrach er jäh seine Erzählung ab und echauffierte sich wehement über die Axt, die in dem Holzpflock steckte, … seiner Ansicht nach hat wohl das „Ballett“ seine Requisite stehen gelassen. Diese Axt sollte ihren glanzvollen Einsatz zu späterem Zeitpunkt noch haben, nämlich dann, als er die Geschichte von „Daumenlutscher“ erzählte. Der Schlagzeuger musste ihm zu Hilfe kommen, als er beschloss sich beide Daumen abzuhacken. Hierfür hatte Peters die folgende Erklärung: wie sollte er sich den zweiten Daumen abhaken, wenn er auf der anderen Seite keinen Daumen mehr hatte, dadurch keine Kraft mehr besaß, um die Axt zu halten. Dies half in diesem Fall dem „Daumenlutscher“ nicht weiter, denn auch er musste, wie alle Hauptfiguren, frei nach Peters Erzählungen in den Geschichten, am Ende sein Leben lassen. Thomas Peters hatte mächtig damit zu tun, das geflossene „Blut“, dass beim Abhacken der Daumen entstand, mehrfach vom Boden aufzuwischen.

Auf unglaublich witzige und charmante Weise gelang es Thomas Peters seine Zuhörer mitzureißen und die eigentlich moralisch-belehrenden Geschichten in blutrünstige, brutale und mit Sicherheit alles andere als jugendfreie Satiren umzuwandeln. Peters gelang es spielend den Humor gekoppelt mit seinem beachtlichen und unglaublichen schauspielerischen Können im Publikum zu verbreiten. Er sorgte durch und durch für andauernde Lacher und begeisterten Applaus. Mancher Zuschauer kam aus dem Dauerkichern gar nicht mehr heraus, berechtigt! Peters scheute sich nicht, vollen Körpereinsatz einzugehen um noch überzeugender zu wirken. Seine Mimik und Gestik war einfach herrlich anzusehen. Hierbei war es ihm gleichgültig, ob es ihm gesanglich so einiges abverlangte, oder ob er selbst zur E-Gitarre greifen musste.

Gesanglich konnte Peters allerspätestens dann vollkommen überzeugen, als der das Lied/Geschichte von Robert mit dem roten Regenschirm „erzählte“. In einer wunderschönen und klaren Mittellage unterstrich der die schöne Melodie des Liedes. Der Applaus es Publikums war verdient anerkennend.

Der „Zeitansager“ der Show, Akkordeonspieler Geoffrey W. Abbott, ließ ebenso manchen Zuschauer zu einem Lacher hinreißen, wenn Peters ihn stets nach jeder Geschichte fragte, wie er in der Zeit läge. Ein gezogenes „Ganz guuuut!“ lies so ziemlich jedes Gesicht breit schmunzeln.

In der Geschichte vom „Zappelphillipp“ integrierte Peters gekonnt das Publikum, indem er es lautstark den Refrain des Liedes mitsingen ließ. Die ohnehin gelöste Stimmung wurde dadurch noch ausgelassener. Reihum waren nur erheiterte und amüsierte Gesichter zu erkennen. Überhaupt gelang Peters der Spagat zwischen Bühnenshow und der Mischung, das Publikum mäßig aber permanent einzubinden.

Abschluss, gleichzeitig Highlight und Showbrüller, war die Geschichte vom Suppenkasper, der immer dünner wurde, da dieser sich weigerte seine Suppe zu essen,… bis auch er am Ende sein Leben verlor. An dieser Stelle seien die überaus makabren bis urkomischen Bildprojektionen erwähnt, die auf eine große Leinwand auf der Bühne hinter der Band durch einen „Wettdruckknopf“- von Peters ausgelöst – wiedergegeben wurden.

Peters kündigte im Anschluss der Geschichte an, dass es zwar keine CD des Programms gibt, er und die Band jedoch im Foyer Souveniers verkaufen würden. Erworben werden können Streichhölzer, Buttons und T-Shirt, mit den Sprüchen bzw. Abbildungen von ausgesuchten Figuren aus den Geschichten. Zum T-Shirt, das mit dem Spruch „Mein Suppe ess’ ich nicht!“ bedruckt war, verkündete er in ernstem und fast belehrenden Ton, dass es dieses allerdings nur in den Größen S bis L gäbe, denn bei XL wäre der Spruch ja nun wirklich nicht mehr als glaubhaft zu betrachten…

Ein wirklich amüsanter Abend mit tollen Musikern und einem durchweg überzeugenden, grandiosen Schauspieler Thomas Peters ging auf diese Weise zu Ende. Es ist bedauerlich, dass sich das Theater nicht komplett füllte. Die Show hat es allemal mehr als verdient und ist wirklich empfehlenswert, wenn man einen urkomischen, witzigen und mal ganz anderen Abend in einem Theater erleben will. Der Show ist es nur zu wünschen, dass sich möglichst zahlreich Interessierte einfinden.

Vorstellungen sind immer Sonntags um 20 Uhr an folgenden Tagen:

16.11.08, 4.1.09, 15.2.09, 22.3.09, 24.5.09 und 5.7.09

MFJ übernimmt an dieser Stelle den wortwörtlichen Aufruf:“ Wenn es Euch gefallen hat, dann empfehlen Sie uns Ihren Freunden, hat es Ihnen nicht gefallen, dann empfehlen Sie uns ihren Feinden….“– EINFACH HERRLICH, dieser Peters! Bravo!

Marina Christiana Bunk, 6.10.08

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