„Der Zauberer von Oz“ begeistert bei der Premiere in Magdeburg im modernen Gewand

©Nilz Böhme

Am 11. Februar 2017 hatte das Musical „Der Zauberer von Oz“ unter der Leitung von Thomas Schmidt-Ehrenberg im ausverkauften Opernhaus Magdeburg Premiere. Vielen Zuschauern ist das Stück auch in Deutschland ein Begriff, in Amerika ist es so bekannte, wie bei uns „Hensel und Gretel“. Geschrieben wurde das Kinderbuch in 1900 von Lyman Frank Baum, kurz darauf folgten schon Bühnenadaptionen und im Jahre 1939 erschien der bekannte Film mit Judy Garland, die das Lied „Over the rainbow“ sang, welches das wohl bekannteste Lied des Stückes ist. 1987 folgte das Musical, das in London seine Uraufführung feierte.

Dem Theater Magdeburg ist mit dieser Inszenierung mal wieder ein großartiger Wurf gelungen. Eine Besetzung, die keine Wünsche offen lässt und sehr gut gewählt wurde; allen voran Inga Krischke, die die Rolle der Dorothy Gale verkörpert. Zu ihr passt der Part sehr gut – schauspielerisch und gesanglich vollkommen überzeugend spielt Ingra Krischke, die erst vor zwei Jahren ihren Abschluss an der Folkwang Universität in Essen machte, den Wandel von der Eigenbrötlerin zur offenen und auf das Leben vorbereiten jungen Frau. Besonders gefühlvoll gesungen gleich am Anfang: „Irgendwo über dem Regenbogen“. Dorothy lebt in Kansas bei ihrer Tante und dem Onkel, hat keine Freunde und eckt in der Schule immer wieder an. Dies führte wohl dazu, dass sie eine Freundschaft zu ihrem imaginären Freund, Toto, in Form einer Handpuppe, einging, was wiederum dazu führte, dass sie bei der Lehrerin Miss Gulch in Ungnaden gefallen ist.

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Bei einem Wirbelsturm (auf der Leinwand sieht man diverse, durch den Sturm aufgewirbelte Gegenstände, wie die für den mittleren Westen der USA typischen Windräder) fliegt das Haus von Dorothy durch die Luft und landet dann im Land Oz. Der Zufall möchte, dass das Haus bei der Landung die böse Hexe des Ostens erschlägt, was für große Erleichterung bei den Zwergen (großartiger Kinderchor des Konversatoriums Magdeburg) sorgt und die Dorothy nun als Heldin feiern. Begrüßt wird sie von Glinda (souverän: Mezzosopranistin Kammersängerin Udine Dreißig, die auch als Tante Em zu sehen ist – Sie schwebt als Glinda immer mal wieder aus den dunklen Höhen des Theaters ein und scheint in ihrer eigenen Welt, wenn sie in sich versunken zu der Musik wippt, die aus ihren Kopfhörern kommt), der guten Hexe des Nordens, die ihr die roten Schuhe der bösen Hexe schenkt. Aber noch jemand ist hinter diesen Schuhen her: Die böse Hexe des Westens (Peter Wittig, ebenfalls als Miss Gulch auf der Bühne zu sehen, kommt in seiner Rolle sehr gut beim Publikum an, spielt glaubhaft), die nicht erfreut ist, dass ihre Schwester, die böse Hexe des Ostens, durch einen dummen Zufall erschlagen wurde. Um wieder nach Hause zu gelangen, rät Glinda ihr, auf der gelben Steinstraße zur Smaragdenstadt zu laufen, da gibt es den großen, mächtigen Zauberer, der dafür sorgen kann, dass sie wieder nach Hause gelangt. Auf dem Weg dahin trifft sie auf die Vogelscheuche (Christian Miebach, er spielt seine Rolle sehr gut: ungelenk und schlaksig gibt er ihr Leben), die dumm ist und keinen Verstand hat, auf den Blechmann (Alexander Soehnle), der seit Jahren unter einer Laterne stand, da er durch den Regen eingerostet war, der in seinem Inneren hohl ist, kein Herz hat und auf den Löwen (Jan Rekeszus), dem die Courage und der Mut fehlt.

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Diese Drei stehen Dorothy auf ihrem Weg zum Zauberer zur Seite, denn auch sie erhoffen sich das Fehlende von ihm zu erhalten. Dieser verlangt aber zum Erfüllen ihrer Wünsche den Besen der bösen Hexe. Also machen sie sich auf durchs Winkieland und stoßen auf die Zitterschnecks, die im Auftrag der bösen Hexe dafür sorgen sollen, dass die fliegenden Affen Dorothy entführen und zu ihr bringen können. Die Vogelscheuche, der Blechmann und der Löwe scheitern bei dem Versucht, Dorothy zu befreien – ihr gelingt es nur durch Zufall, der Hexe das Garaus zu machen, indem sie ein Glas Wasser über sie schüttet, was sie zum Schmelzen bringt. Nun geht’s wieder zum Zauberer, aber es stellt sich raus, dass er gar nicht der mächtige Zauberer ist, der er vorgibt zu sein, – das alles ist nur vorgegaukelt, die Leute wollen nun mal an einen Zauberer glauben und er gibt ihnen, woran sie glauben möchten. Da er aber raffiniert ist, stellt er offiziell fest, dass die Drei schon immer das besessen haben, von dem sie dachten, es würde ihnen fehlen. Dorothy möchte er mit seinem Ballon selber zurück nach Kansas fliegen. Schlecht für sie, dass der Ballon sich löst und ohne sie davon fliegt. Nun kommt noch einmal Glindas Stunde: Sie erklärt Dorothy, dass sie selber die Kraft in sich besitzt, nach Hause zurück zu kehren, mit der Hilfe der roten Schuhe. So kommt es, dass Dorothy wieder zu Hause bei dem Onkel und ihrer Tante aufwacht und nun erkennt, dass sie gar nicht so allein ist, wie sie bisher immer dachte. Und auch Toto wird der Vergangenheit angehören.

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Das Theater hat an nichts gespart und hat ein riesiges Ensemble für das Stück auf die Bühne geholt: Neben den Gastkünstlern steht der Opernchor, das Ballett und die Statisterie des Theaters Magdeburg und der Opernkinderchor des Konversatoriums „Georg Philipp Telemann“ auf der Bühne – dazu spielt unter der musikalischen Leitung von Tomohiro Seyama die Magdeburgische Philharmonie. Kraftvoll und mit vollem Klang kommen sowohl Gesang (Choreinstudierung Martin Wagner, Ursula Stigloher), als auch Instrumente rüber. Besonders hervorzuheben sind im Bereich Tanz die „Zitterschnecks“, die mit ihrem Balletteinsatz die Zuschauer begeistern (Choreographie Kerstin Ried).

Wer mit einer klassischen Inszenierung rechnet, wird überrascht sein: Da hat Dorothy zum Beispiel Turnschuhe an, trägt einen modernen Rucksack, der Hund Toto wird durch einen imaginären Freund ersetzt, Glinda trägt Kopfhörer, die böse Hexe kommt statt auf dem Besen auf einem Segway angerauscht – und die Winkies erinnern mit ihren Leuchtstäben etwas an Star Wars. Hier merkt man, dass diese Version im Jetzt angekommen und keineswegs verstaubt ist.

©Nilz Böhme

Bei der Kulisse (Bühne Christiane Hercher) setzte man in Kansas auf gedeckte Farben, das einzig bunte und fröhliche war dort Dorothy. Ist man aber in Oz angekommen, leuchtet und funkelt es dem Publikum fröhlich entgegen. Die Bühne verwandelt sich in einen buten Schauplatz: Mit der gelben Steinstraße in der Mitte oder dem grünen Smaragd beim Zauberer – hier wird auf Farbe gesetzt, wie auch größtenteils bei den phantasievollen Kostümen von Jeannine Cleemen.

2 Stunden und 45 Minuten dauert die Reise nach Oz und wieder zurück. Viel Aplaus und Standing Ovations gab es als Dank. Ein schönes Märchen-Musical für Jung und Alt. Noch bis zum 05. Juni 2017 werden neun weitere Vorstellungen gespielt. Infos gibt es HIER.

Hinweis: Bald gibt es auf dieser Seite ein Interview mit der Dorothy-Darstellerin Inga Krischke zu lesen.

 

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