Riccardo Greco begeistert als Hedwig bei der Premiere in Linz

Riccardo Greco als Hedwig Copyright: Patrick Pfeiffer

Riccardo Greco als Hedwig
Copyright: Patrick Pfeiffer

Das Landestheater Linz hat sich mit der Inszenierung von Johannes von Matuschka „Hedwig and the angry inch“ an ein Stück gewagt, welches Anfang 1998 in New York als Off-Broadway-Produktion seine Uraufführung feierte und die Geschichte einer in der ehemaligen DDR geborenen Drag-Queen erzählt, die mit ihrer Band und ihrem Ehemann durch verschiedene Clubs tourt, sowohl in den USA, als auch in Linz – so macht sie sogar in der BlackBox Halt. Nach bekannten US-Künstlern wie zum Beispiel Michael Cerveris, Neil P. Harris und Gene Dante kann sich nun auch der gebürtige Deutsche Riccardo Greco in die Reihe der „Hedwig“-Darsteller einreihen. Ihm zur Seite steht als „Yitzhak“ die in Wien geborene Halbperserin Ariana Schirasi-Fard.

Hedwig Schmidt, eigentlich Hansel, wächst in nicht einfachen familiären Verhältnissen in der DDR auf, findet seine erste Liebe bei einem Soldaten aus Amerika und lässt sich mehr oder weniger gelungen zu einer Frau umwandeln, damit er die DDR verlassen und in den USA heiraten kann – bei der OP bleibt jedoch der „angry inch“ übrig, was ihn nicht 100-prozentig zur Frau macht und ihn noch weiterhin „Mann“ sein lässt. In den USA holt sie die Wirklichkeit ein, die Liebe geht, aber Hedwig sucht sie weiter. Diesmal scheint sie ihre verlorene Hälfte in Tommy Speck, der später den Künstlernamen Tommy Gnosis bekommen wird, gefunden zu haben. Sie schreibt Glam-Rock Songs für ihn, formt ihn zu einem Star, er aber wendet sich von ihr ab und brennt mir ihren Songs durch, lässt sich mit diesen groß feiern – Hedwig bleibt zurück – ohne jemals ein Dank von Tommy zu bekommen – und tourt mit ihrer Band „The Angry Inch“, zu der auch ihr neuer Ehemann Yitzhak gehört, Gnosis hinterher.

Riccardo Greco als Hedwig Copyright: Patrick Pfeiffer

Riccardo Greco als Hedwig
Copyright: Patrick Pfeiffer

Riccardo Greco ist von dem Landestheater Linz als perfekte Besetzung für „Hedwig“ ausgewählt worden und man merkt ihm an, welche Freude er bei der Premiere am 21. November 2015 auf der Bühne hat. Von der ersten Minute an ist das Publikum in seinem Bann, hört bereitwillig zu, wie er aus seinem Leben erzählt, mal traurig, nachdenklich, mal verrückt und euphorisch – eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle. Auch sind die Zuschauer sofort bereit, mit ihm „Wig in a box“ anzustimmen. Er trifft die Töne und die Gefühlswelt der Zuschauer mit seiner emotionalen Stimme und seinem Spiel. So kommt das Gefühl von Intimität auf, wenn die Kamera, geführt von Ariana Schirasi-Fard als ihr Ehemann und Bandmitglied, ganz nah an Greco dran ist, er in die Kamera schaut und das Geschehen auf einer großen Leinwand auf der Bühne zu sehen ist. Man hat den Eindruck, als würde er für jeden Zuschauer nur allein spielen. Die Kamera ist dabei, wenn er unter dem Tisch hockt, wenn er in den hinteren Bereich der Bühne flüchtet, der vom Saal aus nicht einsehbar ist. Alles ganz nah und schonungslos.

Ariana Schirasi-Fard als Yitzhak und Riccardo Greco als Hedwig Copyright: Patrick Pfeiffer

Ariana Schirasi-Fard als Yitzhak und Riccardo Greco als Hedwig
Copyright: Patrick Pfeiffer

Ariana Schirasi-Fard macht als Ehemann „Yitzhak“ ebenfalls eine sehr gute und männliche Figur, auch wenn sie leider in dieser Rolle ihr gesangliches Können nicht voll ausleben kann. Sie sorgt aber dennoch dafür, dass es für die Zuschauer ein unvergesslicher Abend wird, indem sie die Kamera Hedwig vor die Nase hält, sie damit verfolgt und sogar „Techniker-Arbeiten“ leistet, wie zum Beispiel den Nebel versprüht, Bilder (Illustrationen von Giovanna Bolliger) zu den Liedern unter die aufgehängte Kamera hält und die Band „The Angry Inch“ tatkräftig unterstützt.

Insgesamt eine sehr interessante und abwechslungsreiche Inszenierung, kein typisches Musical, eher ein Konzertabend mit komödiantischen Parts und Blick hinter die Kulissen. Für die Bühne und die Kostüme war Christoph Rufer verantwortlich, der gute Arbeit leistete. Schöne und auch eingängige Lieder, manchmal auf Deutsch und manchmal auf Englisch, wie „Wig in a box“ oder „Sugar Daddy“ bleiben sicherlich dem Zuschauer im Ohr (Musikalische Leitung Bela Fischer jr.). Ein besonderes Stück mit besondren Ideen – als Beispielt war es schön zu sehen, wie Hedwig eine Tür öffnet, im Scheinwerferlicht steht, und hinter dieser Tür Tommy Gnosis gerade ein Konzert gibt und nur sich selber sieht – dies scheint immer ein Schlag in Hedwigs Gesicht zu sein, wenn sie wieder vor Augen hat, dass Tommy kein bisschen an sie denkt, sich mit ihren Songs schmückt und sich feiern lässt.

Riccardo Greco als Hedwig Copyright: Patrick Pfeiffer

Riccardo Greco als Hedwig
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Als kleines Manko könnte man, besonders beim ersten Lied, den Ton sehen, so blieb doch dem Zuschauer stellenweise der Text verborgen, da dieser -durch Schlagzeug und teilweise zu laute Instrumente- übertönt wurde. Glücklichweise verbesserte sich die Akustik in den nächsten knapp zwei Stunden.

Das Stück wird noch bis zum 22. Januar 2016 in der BlackBox des Theaters Linz gespielt, genaue Termine, Infos und Karten (26 Euro, außer Silvester, da 52 Euro) gibt es HIER

 

 

 

 

 

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