My fair Lady – Ein Klassiker der Musicals feiert in „modernem Kostüm“ Premiere in Augsburg

(c) Theater Augsburg

Start in die Freiluftsaison nun auch in Augsburg. Am 21.6.2014 fand die Premiere des Stücks „My fair Lady“ auf der Augsburger Freilichtbühne am Roten Tor statt.

Frederick Loewes Stück startete mit einem modernen Bühnenbild. Der Palast der Queen mit seinen Wachen beherrscht die Szene. Im vorderen Teil patrouilliert
ein Wachmann. Vor der eigentlichen Bühne ist das Wirtshaus „The black horse“, und eine Gruppe junger Bordsteinschwalben lungert dort herum. Sie verteilen vor dem Musical den „Union Jack“ an einige Zuschauer und studieren mit Ihnen das Fahnenschwenken ein.

Wenn man nach bekannten und beliebten Songs aus dem Genre Musical sucht, dann fallen einem sofort Titel wie: „Es grünt so grün“ oder „Ich hätt getanzt heut Nacht“ ein.

Higgins trifft auf die junge Eliza

In dem Musical geht es um den fanatischen Phonetiker Professor Higgins und Oberst Pickering, die eine Wette abschließen: Sie wollen das junge Blumenmädchen Eliza Doolittle, dass eine wahre „Rinnsteinpflanze“ ist, durch Sprech- und Etikettenunterricht zu einer Lady machen.
Als das will er sie zumindest auf einem Diplomatenball ausgeben. Er möchte beweisen, dass nur die Sprache allein Menschen zu geachteten Menschen macht.

Wer genauere Informationen zum Inhalt des Stücks lesen möchte, von denen ich denke, dass es eigentlich so gut wie jeder kennt, der möchte bitte hier (auf einem unserer Artikel aus München) weiterlesen:

http://www.musicalfotos.de/wp/?p=629

 

Bühnenüberblick

Die Premierenbesetzung:

Professor Henry Higgins: Christian Heller
Eliza Doolittle: Cathrin Lange
Alfred P. Doolittle: Markus Hauser
Oberst Pickering: Stefan Nagel
Mrs. Higgins: Eva Maria Keller
Freddy Eynsford-Hill: Christopher Busietta
Mrs. Pearce: Bettina Hauenschild
Mrs. Eynsford-Hill: Regine Becker
Harry: Andre Wölkner
Jamie: Oliver Marc Gilfert
1. Obsthändler Gabor Molnar
2. Obsthändler Lazlo Papp

Kneipenwirt: Eckehard Gerboth
Lady Boxington: Wilhelmine Busch
Lord Boxington: Robert Meier
1. Subenmädchen Jutta Lehner
2. Stubenmädchen Simone Kneiseler
Majordomus: Vasyl Vasylenko

Phonetik-Übungen

Die Darstellerin der Eliza Doolittle, Cathrin Lange, wurde in Aachen geboren und steht nicht zum ersten Male in Augsburg auf der Bühne. Schon 2009 war sie Ensemblemitglied im Augsburger Theater. Die ausgebildete Sopranistin sang auch schon bei der DTM oftmals die Nationalhymne und ist 2012 mit dem Augsburger Theaterpreis in der Sparte Musiktheater ausgezeichnet worden. Nun spielt sie die Hauptrolle auf wirklich sehr gute Weise. Wenn “my fair lady“ in deutscher Sprache aufgeführt wird, agiert die Hauptdarstellerin immer mit Berliner Dialekt. Man glaubt ihr ihre Rolle absolut und durchlebt mit ihr die Verwandlung zur Lady. Sie wirkt absolut souverän und hat bei allen Songs eine sichere Stimme. Ihr Zusammenspiel mit Professor Higgins ist sehr schön mit anzusehen. Und bei dem Lied „Wart’s nur ab, Henry Higgings“ glaubt man ihr jedes Wort. Aber ebenso den Klein-Mädchen-Traum in „ich hätt getanzt heut Nacht“ Sie hat eine sehr schöne Stimme, die auch in den Oberen Tönen zu Hause ist, ohne dabei zu kreischen. Sie wirkt sicher und konstant.

My fair Lady-Die Verwandlung ist voll bracht

Apropos Professor Higgins, dargestellt von Christian Heller. Der in Immenstadt geborene, z. Zt. in Stuttgart lebende Mann hat sich v. a. schon im Fernsehen einen Namen gemacht, z. b. in Soko Köln, Tatort und auch in James Bond – Ein Quantum Trost.
Die Rolle des Phonetikers spielt er ganz hervorragend, wobei beim Singen es ihm anzumerken war, dass er kein ausgebildeter Sänger ist, aber eine sehr gute Singstimme hat. Von Anfang an lässt er eine fiese Überheblichkeit gegenüber Eliza walten, bis kurz vor Ende die Liebe bei ihm siegt, und er seine wahren Gefühle ihr gegenüber zulässt.

Sein Wettgegner ist Oberst Pickering, von Stefan Nagel gespielt und gesungen. Die Rolle des Oberst, der immer auf seinen Gehstock gestützt gehen muss, mit einer steifen rechten Hand, spielt er sehr gut. Man glaubt ihm seine „Behinderung“. Er agiert sehr geschickt und versucht oftmals zwischen dem Professor und Eliza zu vermitteln. Er scheint schon früh zu ahnen, was sich zwischen den Beiden entwickeln wird.

Herr Nagel hat schon in vielen Musicals mitgewirkt, z. b. in Cats (Wien), JCS (Schwäbisch Hall), Evita (Bad Gandersheim)…aber auch in Fernsehspots, Serien und Kinofilmen hat er sich schon einen Namen gemacht.

(c) Theater Augsburg

Eine wundervolle Stimme und damit von sich reden macht der junge Freddy Eynsford-Hill, dargestellt von Christopher Busietta.
Der junge Bursche, der Eliza heimlich liebt und ihr auch des Öfteren seine Liebe gesteht, wird ganz entzückend von ihm dargestellt. Er hat eine sehr gefühlvolle Stimme, die hervorragend zur Rolle passt.
Er ist in Augsburg kein Unbekannter, dort hat er schon in vielen Rollen agiert, Lucis de Lammermoor, Carmen, Violanta, Don Giovanni,…
Aber auch im Musical, war er schon tätig. Wie z. b. bei Hair, Les Miserables, JCS,…
Des Weiteren wird das Ensemble vom Augsburger Ballett und dem Opernchor des Theaters Augsburg und dem Extra-Chor des Theaters unterstützt.

Die Müllmänner

Eine wahre Wohltat für die Ohren ist das große Orchester der Augsburger Philharmoniker unter der Leitung von Eberhardt Fritsche, der gestenreich und schwungvoll durch die 2 ¾ Stunden dauernde Show dirigierte.
Er hat sein Orchester im Griff und das hörte sich zu jeder Zeit sehr gut an. Dass man die Sänger jederzeit verstehen kann, auch wenn das ganze Orchester spielt, das verdankt man den Tonspezialisten, die einen sehr guten Job machen – Das ist leider nicht in jedem Theater so, und schon gar nicht Open Air – Respekt!

Was man bei dieser Aufführung nur nicht erwarten sollte ist, dass man sich im England des 19. Jahrhunderts befindet, in dem das Stück ja ursprünglich spielt. Alleine schon die Outfits und einige Requisiten lassen erahnen, dass die Kostümbildnerin Annette Braun demonstrieren wollte, dass diese Geschichte zeitlos ist und auch in der heutigen Zeit spielen könnte. So wird Elizas Blumenstand durch einen Einkaufswagen der Aldikette mit Markkaufplastiktüten dargestellt. Dies schon läuft eher unter dem Begriff „interessant“.

„Gewöhnungsbedürftig“ trifft die Wahl der Kostüme wohl am besten. Alle Ensemble-Mitglieder tragen eine Brille mit Kulleraugen, selbst die Königliche Wache. Das wirkt schon etwas… merkwürdig.
Oftmals bestehen die Kostüme aus Mülltüten, wenn der Trupp der Straßenkehrer in der typischen orangenen Warnkleidung in Aktion ist. Das strapaziert merklich einige Zuseher doch schon sehr, die eigentlich eher einen Klassiker erwartet hatten. Gediegene Farben sind bei dieser Inszenierung nicht gefragt, eher das sehr oft vorkommende leuchtende Pink, das grelle Orange der Müllmänner und viele farbige Perücken. Warum allerdings die Müllmänner und der Polizist eine Pinocchionase haben, erschließt sich dem Besucher wirklich nicht. Dies allein weiß vielleicht nur die Kostümbildnerin selbst.

Wie bei allen Inszenierungen auf der Freilichtbühne ist ein Besuch alleine schon wegen der Kulisse wert und der Musik und den schönen Stimmen lohnt sich ebenso, diese Augsburger Freilichtbühne noch bis zum 24.7.2014 zu besuchen. Wie bereits geschrieben, der Zuschauer sollte nicht mit der Erwartung erscheinen, optisch nach England ins 19. Jahrhundert versetzt zu werden. Man sollte sehr offen für modernes Theater sein. Vielleicht aber war genau dies die Absicht der modernen Inszenierung, denn sog. klassische Umsetzungen des Musicals gibt es ja bereits jedes Jahr wie Sand am Meer. Ob diese  moderne Show jedoch gelungen ist, mag jeder Zuschauer selbst für sich beurteilen. Ein Wagnis ist es in jedem Fall und wie immer kann man es nicht allen recht machen.

Und nun alle: „es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen!“
Fotos © Theater Augsburg

 

 

 

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Eine Antwort auf My fair Lady – Ein Klassiker der Musicals feiert in „modernem Kostüm“ Premiere in Augsburg

  1. Stefan Nagel sagt:

    Sehr geehrte Frau Mannigel,

    ich habe gerade Ihre Kritik entdeckt und bedanke mich recht herzlich. Sie haben sehr genau hingesehen. Wann ein Kritiker meine Darstellung als „glaubwürdig“ bezeichnet, bin ich immer sehr erfreut und nehme das als großes Kompliment. Vielen Dank Ihr Stefan Nagel

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