Puppet-Play in seiner wohl besten Form

Gefährten Medienpremiere, 19.10.2013, Theater des Westens

Galappszene mit Albert (Philipp Lind) und dem Pferd Joey Photo: Stage Entertainment/Morris Mac Matzen

„Gefährten“, bzw. außerhalb Deutschlands bekannt unter dem Namen „War horse“, beruht auf dem in 1984 erschienenen Kinderbuch des Briten Michael Morpurgo, wurde im Jahre 2007 im RNT London uraufgeführt, 2011 folgte der gleichnamige Film von Steven Spielberg und nun ist es erstmalig auf nicht-englischer Sprache in Berlin, am Theater des Westens, zu sehen. Mit Heinz Hoenig ist einer der bekanntesten Fernsehschauspieler in der Rolle des Vaters „Ted“ zu sehen.

Mit „Gefährten“ gibt es nun die Chance in einem der Stage Entertainment Theater nicht das „typische“ Musical zu sehen; es gibt Gesangparts, aber zu einem wesentlich geringeren Anteil, als bei den anderen Produktionen, da es sich mehr um ein Theaterstück handelt.

Topthorn Hind und Joey Photo: Stage Entertainment/Brinkhoff/Mögenburg

Es geht um die innige Freundschaft zwischen Albert Narracott (Philipp Lind, 23 Jahre) und seinem Halbblut Joey. Beide werden nach gemeinsam verbrachten Jahren, in denen Albert sich um sein Pferd kümmert, es großzieht und abrichtet, zu Zeiten des ersten Weltkriegs getrennt, da Joey von Alberts Vater Ted an die Armee verkauft wird. (Information: Von der British Armee wurden ca. eine Million Pferde im Krieg nach Frankreich verschifft – traurig: lediglich 62.000 von ihnen kamen zurück) Soldat Captain Nicholls (Thaddäus Meilinger) erhält das Pferd und verspricht Albert, gut Acht zugeben. Als Albert erfährt, dass Nicholls in Frankreich im Kampf gegen die Deutschen gefallen ist, macht er sich auf den Weg, sein Pferd wiederzufinden. Obwohl Albert noch zu jung für die Armee ist, widersetzt er sich den Bedenken seiner Eltern und tritt in die Armee ein, die Hoffnung, seinen tierischen Freund wieder zu finden, überwiegt. Ob es für Albert und Joey ein Happy-End geben wird, können Sie sich ab jetzt im Theater des Westens ansehen!

Joey bei „Behind the scenes“ am 19.10.2013 im Apple-Store Berlin. Photo: Nastassja Juel Stork

Ein großes Lob gilt der südafrikanischen Handspring Puppet Company, die die lebensgroßen Pferde-Puppets entworfen hat. Sie bestehen aus Holz, Bambusrohr und Aluminium. Es ist beeindruckend und faszinierend, wie realistisch die lebensgroßen Pferde, allen voran Joey und das Armeepferd Topthorn Hind, sich durch die Hilfe ihrer jeweils drei „Puppenspieler“ durch das Theater bewegen. Auf die kleinsten Details, wie z. B. das Bewegen der Ohren und lebensechte Geräusche, wurde größten Wert gelegt. Es ist ein einmaliges Schauspiel, sich dieser Illusion hinzugeben. Aber nicht nur die Pferde beeindrucken, ebenso die weiße Ganz der Narracotts, die für viele Lacher im Publikum sorgte, und die man sofort in sein Herz schloss.

Philipp Lind, der Albert Narracott spielt, beendete 2011 sein Schauspielstudium an der Bayrischen Theaterakademie August Everding und hat nun seine erste Hauptrolle in einer Großproduktion. Er spielt seine Rolle sehr glaubwürdig, geht mit Joey wie mit einem echten Pferd um, streckt z. B. die Hand aus, pfeift nach ihm und schafft es so binnen kürzester Zeit, dass das Publikum nicht nur die „Puppe“ Joey sieht, sondern das echte Pferd Joey. Dies verleitet das Publikum dazu, mitzufiebern und auch mitzutrauern.

Die Eltern Rose Narracott (Silke Geertz) und Ted (Heinz Hoenig) Photo: Stage Entertainment/Morris Mac Matzen

Eine Größe des deutschen Films (Der letzte Bulle, Traumschiff, Ein Fall für Zwei u. v. m.) ist Heinz Hoenig (61), der mit der Rolle des Ted Narracott zurück zu seinen Theaterwurzeln kehrt. Als Vater ist er sehr präsent auf der Bühne und schafft es durch seine ganz eigene Art, das Publikum zu begeistert.

Herausragend auch Peter Kaempfe, als Arthur Narracott, mal tobend und polternd, aber auch zu passender Stelle leise und gefühlvoll.

Die vierzehn Songs werden sehr schön von „Songman“ Jan Alexander Tomsic vorgetragen. Da es kein Musical ist, wird das Medium der Lieder anders dargestellt. Mit Akkordeon und einem Sänger, der in seinen Liedern die Rolle des „Erzählers“ einnimmt.

Das Bühnenbild (Rae Smith) beeindruckt einerseits durch Schlichtheit, auf der anderen Seite aber auch durch das Verbinden von Film- und Bildsequenzen (persönlich von Rae Smith) im Hintergrund und Schauspiel auf der sehr tiefen Bühne. So werden Daten wie Jahreszeiten und Spielorte in Form von  Bleistiftzeichnungen genutzt, dem Geschehen mehr Informationen oder mehr Tiefe zu geben.

Mal das idyllische englische Städtchen Devon, dann der kalte Schauplatz des Krieges in Frankreich mit einer großen Armee und seinen Pferden. Es ist verblüffend, wie wandelbar die Szenen durch Videosequenzen, menschliche Darsteller und die Puppets sind.

Autor des Buches: Michael Morpurgo und Autor der dt. Bühnenfassung: John von Düffel bei „Behind the scenes“ am 19.10.2013 im Apple-Store Berlin. Photo: Nastassja Juel Stork

Ein sensationelles Stück, für Jung und Alt, welches man gesehen haben muss – ein Ausflug in das Theater des Westens ist wieder einmal eine Reise wert!

Mit mehr als 40 Darstellern, darunter auch acht Mädchen, die abwechselnd spielen, startet das Theaterstück mit sieben Shows in der Woche.

Karten unter www.stage-entertainment.de oder unter 01850/4444.

Copyright: Pressebilder: siehe jeweiligs Foto, Behind the scenes-Fotos: Nastassja Juel Stork

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