Der Schuh des Manitu! Bericht von Annita E.-Boelen

Die schwer gealterten Blutsbrüder Abahachi und Ranger erzählen anders als im Kinofilm als Rückblende, wie es damals war, als sie für die Apachen auf der Suche nach einem Stammlokal waren und es dem Banditenboss Santa Maria abkaufen wollten.

Nachdem sie endlich das passende Lokal gefunden haben und feststellen müssen, dass sie mal wieder pleite sind, nehmen sie bei den Schoschonen einen Kredit auf. Bei der Übergabe des Goldes stellt sich das Ganze als Betrug heraus, der  Pub bricht zusammen, Santa Maria macht sich mit dem Gold aus dem Staub, vorher erschießt er noch den Schoschonenhäuptlingssohn “Falscher Hase” und hängt diesen Mord Abahachi und Ranger an. Diese landen dafür am Marterpfahl. Dort fällt Abahachi ein, dass er von seinem Großvater eine Schatzkarte bekommen hatte. Mit diesem Schatz will er seine Schulden bei den Schoschonen begleichen. Das  Problem ist nur, dass er die Schatzkarte in vier Teile geteilt hat. Die anderen Drei  besitzen sein Zwillingsbruder Winnetouch, sein Freund Dimitri und seine Jugendliebe Uschi. Ranger und Abahachi machen sich auf den Weg. Nach einigen Abenteuern ist die Schatzkarte wieder vollständig, dafür ist ihnen aber Santa Maria mit seiner Bande gefolgt. Im Schuh des Manitu kommt es dann zum großen Showdown, wobei natürlich das Gute siegt. Santa Maria ist tot, das Gold geht an die Schoschonen zurück. Abahachi und Ranger können wieder gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten, nachdem sie ein zweites Mal Blutsbrüderschaft geschlossen haben.

Das Bühnenbild dieses Musicals besteht hauptsächlich aus einer Saloonszene, die sich aber auch abwechselt mit der Puderrosa Ranch von Abahachis Zwillingsbruder Winnetouch und dem Indianerdorf der Schoschonen. Um die Prärie darstellen zu können, wurde eine Videoleinwand aufgebaut, auf der die unterschiedlichen Tageszeiten, Sonnenuntergänge, Prärielandschaften und auch sternenklare Nächte dargestellt werden konnten. Als besonderen Clou gab es auf der Bühne ein Laufband, auf dem die Ritte durch die Prärie dann täuschend echt aussahen.

Die Musik von Martin Lingnau passt perfekt zur Geschichte, es gibt sowohl fetzige Revuenummern (z.B. Schoschonen wohnen so schön) als auch eingängige Ohrwürmer (z.B. Ich trinke Ouzo und was tust Du so?)  und romantische Balladen (z.B. Wieder mal am Marterpfahl oder Wünsche werden wahr). Zu erwähnen sind auch noch die vielen kleinen, liebevollen Details, seien  es das singende Erdmännchen und die Kojoten am Marterpfahl, der Gartenzwerg und die Satellitenschüssel am Indianertipi, die Robbe in Winnetouch’s Badewanne, die toll gestalteten Puppen sowieso, vor allem die Pferdeköpfe haben mir gefallen, die Augen glänzten als ob sie echt wären.

Ich habe die Show mittlerweile drei Mal gesehen mit verschiedenen Darstellern. Hierzu jetzt im Einzelnen einige Bewertungen:

In meiner ersten Show hat mir Thomas Klotz als “Falscher Hase” sehr gut gefallen, obwohl er ja nur einen relativ kurzen Auftritt hat und eigentlich nur sein “Sterbelied” singt, danach ja leider einen kurzen Tod stirbt. Der Witz hierbei ist, dass er vorher das Publikum fragt, ob es denn lieber einen langen oder einen kurzen Tod hätte. Meist wird ein langer Tod gewünscht, doch die Schauspielkollegen auf der Bühne halten dagegen. Ihn habe ich dann auch noch als Winnetouch erleben dürfen, in dieser Rolle hat er mich allerdings nicht völlig überzeugt.

Als Winnetouch konnte ich zweimal Veit Schäfermeier genießen, er ist die Idealbesetzung für diesen Part. Sein Sopransolo, als Ranger und Abahachi zur Schönheitsbehandlung verdonnert werden, ist unnachahmlich. Der Brüller schlechthin ist sein rosa Lendenschurz, als er aus der Badewanne steigt. Keiner spielt den schwulen Bruder von Abahachi so überzeugend wie er. Schön auch sein Zusammenspiel mit Hombre aus der Bande von Santa Maria, die beiden sind ein unschlagbares Team. Die Badewannenszene der beiden ist einfach nur köstlich und der Song “Das Leben ist schön” ist das I-Tüpflelchen dabei….

Als Griechen Dimitri konnte ich Detlef Leistenschneider spielen sehen, sein Song “Ich trinke Ouzo und was tust Du so?” ist der Ohrwurm schlechthin dieser Show, sein Zusammenspiel mit Abahachi war klasse. Ich bewundere ihn dafür, dass er die verdrehten Hauptwörter (z.B. Aufgang Sonne statt Sonnenaufgang, Kindfindel statt Findelkind, Sehwieder statt Wiedersehen) immer einwandfrei hinbekommt. Toll auch die Story um seinen Esel Apollo XIII, der ständig Ouzo säuft und schließlich wie seine Vorgänger auch vom Zug überfahren wird. In den ersten Reihen hat man übrigens das Gefühl, dieser Zug kommt direkt von der Bühne ins Publikum gerast und im Moment des Zusammenstoßes mit dem Esel wird es stockdunkel im Theater- nichts für schwache Nerven….

Santa Maria wurde von Ingo Brosch dargestellt, er war ein sehr charismatischer Bandenboss, wenngleich er meiner Meinung nach an die schauspielerische Leistung von Sky Dumont im Kinofilm  nicht ganz herankommt.

Die weibliche Hauptrolle spielte in meinen drei Shows Michelle Splietelhof, die die Rolle der Uschi prima ausfüllen konnte, gesanglich wie auch schauspielerisch. Ein wenig zu übertrieben fand ich den Jodelwettbewerb, der in ihrer Bar stattfand. Highlight hierbei war allerdings der jodelnde Ranger, der sich dann auch in Uschi verliebte. Fetzig irgendwie auch ihr Kleid, unter dem sie eine Lederhose trug, die dann beim Jodelwettbewerb zum Einsatz kam. Besonders anrührend war ihr Duett mit Ranger “Wünsche werden wahr”, das dann später zum Quartett mit Dimitri und Abahachi wurde und ihr Solo “Glaube mir”, quasi eine musikalische Liebeserklärung an Ranger. Leid tat mir dabei nur der traurige Abahachi, der erkennen musste, dass sich seine Herzensdame in seinen Blutsbruder verliebt hatte.

In der Rolle des Abahachi konnte ich 3 verschiedene Darsteller erleben:

In der ersten Show spielte Jens Jahnke, der an diesem Abend Premiere hatte. Er konnte mich leider weder gesanglich noch schauspielerisch vollkommen überzeugen, vielleicht lag es aber ja auch daran, dass er diese Rolle zum ersten Mal darbot.

In der dritten Show erlebte ich die Premiere von Werner Bauer als Abahachi und ich muss sagen, er hat mich vollkommen überzeugt. Er ist ein würdiger Ersatz für Mathias Schlung, sein bayrischer Slang kam sehr gut rüber.

Als Idealbesetzung für die Rolle des Abahachi kommt für mich nur Mathias Schlung in Frage, den ich in der zweiten Show sehen konnte. Er sieht Bully Herbig zum Verwechseln ähnlich, sein verschmitztes Lächeln, genauso die Größe, es passt einfach alles. Gesanglich und schauspielerisch war er spitze, vor allem das harmonische Zusammenspiel mit Mark Seibert fällt sofort ins Auge, die beiden sind einfach ein Dreamteam. Im Zusammenspiel mit der Zweitbesetzung Ranger, Claus Biechele; hat er mir auch gut gefallen. Etwas schrill ist die Szene, wo Mathias quasi seinen auferstandenen Opa spielt und den Song “Glaub an Dich” zum Besten gibt, da ist Rock’n’Roll angesagt…

Für den Schluss habe ich mir meinen persönlichen Lieblingsdarsteller, nämlich Mark Seibert, aufgehoben. Seine warme, kraftvolle und sehr klare Stimme, die in den Balladen durchaus sehr sanft sein, aber  bei schnelleren Songs wie  beim “Lebkuchenherz” auch rockig klingen kann, ist mir von Anfang an aufgefallen. Superschön sein Solo “Wieder mal am Marterpfahl”, das mich sofort überzeugt hat. Diesen Song bekam ich nach der Vorstellung nicht wieder aus dem Kopf. Es war schön, dabei zu beobachten, wie er gerade bei diesem Song mit seinem Blutsbruder harmoniert. Auch schauspielerisch weiß er zu punkten, optisch sticht er sowieso schon ins Auge aufgrund seiner Größe. Neben Mark Seibert wirkt Mathias Schlung dann noch kleiner als er es ohnehin schon ist. Besonders in den Szenen, wo er sich in Uschi verliebt, zeigt Mark sein komödiantisches Talent, sein Blick, als Uschi ihm ihre Reize darbietet und sein offenstehender Mund dabei zum Schießen oder auch beim Song “Glaub an Dich”, wo er brav alles nachmacht, was Abahachis Opa ihm vorgibt, sei es das Tipi, das Huhn oder den Kriegsschrei oder als er die Schönheitsbehandlung von Winnetouch über sich ergehen lassen muss oder sein Satz am Marterpfahl zu Abahachi: “Entschuldige bitte, Schatz.”-herrlich ironisch rübergebracht. Sehr berührend war für mich Mark’s Duett mit Michelle “Wünsche werden wahr”, in dem die zwei aneinandergefesselt waren. Passend zum Lied fielen Sternschnuppen und der Mond ging auf, eine traumhafte Szene… Anrührend ist auch die Szene, wo Abahachi von Santa Maria erschossen wird und Mark um ihn bangen muss. Köstlich, wie der noch höchst lebendige Abahachi ihm dann quasi die Stichwörter liefert, als Mark nicht weiter weiß und er schließlich erkennen muss, dass sein Blutsbruder dank des Lebkuchenherzens von Uschi gar nicht tot ist. Der Song “Lebkuchenherz” passt dann natürlich wie die Faust aufs Auge… Mark’s Bayerisch klang schon ziemlich echt und er sieht in seiner Rolle Christian Tramitz täuschend ähnlich. Kurzum: für mich ist Mark die Idealbesetzung für die Rolle des Rangers, gemeinsam mit Mathias Schlung ist er das absolute Traumpaar der Show.

Fazit: Wer Bully Herbig mag, für den ist dieses Musical natürlich Pflichtprogramm, gut aufgehoben sind aber auch diejenigen, die zweieinhalb Stunden Spaß haben möchten, einen Gag nach dem anderen erleben möchten, tolle Songs genießen wollen, oder sich einfach nur köstlich amüsieren und lachen möchten. Ein Musical  mit hohem Spaßfaktor, vielen Ohrwürmern, tollen Songs und sehr authentischen Darstellern… Mir hat es jedenfalls sehr gut gefallen und ich war mit Sicherheit nicht zum letzten Mal im “Schuh des Manitu”…

 

 

 

 

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